Samstag, 3. November 2012

OSS 117 ist unterhaltsamer als James Bond 007

OSS 117 - Der Spion, der sich liebte (Frankreich 2006, Regie Michel Hazanavicius, 99 Minuten)

Vor einigen Monaten sah ich durch Zufall im Spätprogramm eines unser Kultursender (ARTE / 3SAT) die Geheimagenten-Persiflage 0SS 117 : Rio ne répond plus - Er selbst ist sich genug (2009). Ich hatte von diesen Film schon gelesen, da Regisseur und Hauptdarsteller Jean Dujardin als nächste Produktion den Oscar prämierten Stummfilm "The Artist" vorlegten. Gestern sah ich nun auf 3SAT OSS 117: Le Caire nid d'espions – Der Spion, der sich liebte (2006).

Das OSS ist das Office of Strategic Services, einer der US-Geheimdienste während des 2. Weltkrieges, doch der Geheimagent Hubert Bonisseur de La Bath a.k.a. OSS 117 arbeitet für den französischer Auslands-Geheimdienst Service de Documentation Extérieure et de Contre-Espionnage (SDECE, 1944-1982).
Grundlage der Persiflage sind die mehr als 200 Romane, die von Jean Brochet, seiner Frau und deren beiden Kindern seit 1949 geschrieben wurden. Seit 1957 wurden einzelne Geschichten verfilmt und damit ist OSS 117 in beiden Fällen mehrere Jahre früher als Ian Flemings James Bond 007 als Roman und Verfilmung im Geschäft.

Doch geht es nicht um diese Massenproduktion (11 Filme), sondern um eine zum Teil liebevolle Persiflage von Gentleman-Agenten-Filmen der 1950-er und 1960-er Jahre. Es werden also die Serien OSS 117, James Bond und Jerry Cotton gewürdigt.

Es ist schreiend komisch. Dies liegt sicherlich daran, dass Oliver Kalkofe die Synchronfassung schrieb und Jean Dujardin als OSS 117 wunderbar seine Unwissenheit durch Lachen, ein breites Grinsen oder Schweigen überspielt. Denn OSS 117 ist nicht wirklich helle. Es sind die Zufälle, die ihn zu einen wichtigen Agenten der Franzosen machten.
Der Film wurde in den letzten Jahren gedreht und schafft es die Filmtechnik von vor 50 Jahren zu kopieren. Fahrszenen sind so offensichtlich vor einer Leinwand gespielt, Großansichten zeigen deutlich den Modellcharakter wenn ein Flug gezeigt wird oder sich OSS 117 den Pyramiden nähert. Das unterscheidet die Arbeit vom Regisseur Michel Hazanavicius und seinem Hauptdarsteller Dujardin zum Beispiel von den Bond-Persiflagen mit Rowan Atkinson in der Hauptrolle, der selbst als Johnny English stets nur seinen Mr. Bean variiert.

Der Originaltitel verweist bereits darauf, dass OSS 117 eine Aufgabe im Spionagenest Kairo erfüllen muss. Der Geheimagent Hubert Bonisseur de La Bath ist ein selbstverliebter, französischer Nationalist, der keine Ahnung von Weltpolitik hat. Er ist so offen und naiv in seinem kolonialen, paternalistischen Auftreten gegenüber Nicht-Europäern, dass mir manchmal zunächst das Lachen im Halse stecken blieb. Er ist chauvinistisch (in allen ! seinen Wortbedeutungen) und steht hier dem frühen James Bond in nichts nach. Wenn er seine Vorurteile über andere Nationalitäten, Religionen und Sexualität äußert, dann sieht man das Unverständnis in seinen Dialogpartner, die nicht glauben können und irgendwann peinlich bis ärgerlich reagieren, was für ein Unsinn geredet wird.
Apropos, die Frauen drehen sich nach ihn um und OSS 117 weiß dies und genießt es. Es gibt einen wesentlichen Unterschied zu James Bond, seine Bettszenen (Vorspiel) sind viel unterhaltsamer und stilecht zu den 1960-er Jahren wird nichts gezeigt.

Alle anderen wesentlichen Motive der Agentenfilme (Verfolgungsjagden zu Fuß oder mit einem Auto, Tuxedo oder Smoking-Szenen mit der Oberschicht, Unterwasserabenteuer) werden genutzt. Die Unterwasserszene ohne Taucherausrüstung ist absurd lang und hat sogar einmal einen visuellen Hinweis auf Pirates of the Caribbean.
Trotz der Unwissenheit des Agenten in fast allen wesentlichen Momenten, hat er Spezialwissen . Er kann zwar zunächst kein Arabisch, aber sein "Hyroglyphisch" befreit aus einer Situation und im Verlauf des Films spricht er mehr und mehr Arabisch. Auch dies sehe ich als Referenz an andere Agentenfilme, welche unfassbares Spezialwissen bei den Agenten zeigen.
Der Erfolg des Films hängt nicht nur an Jean Dujardin, sondern auch an Bérénice Bejo als weibliche Partnerin bzw. Gegenerin Larmina El Akmar Betouche, die 2011 die weibliche Hauptrolle in "The Artist" spielte.

Tja, und warum hatte ich vor diesen beiden großartigen TV-Abenden noch nie eine Szene aus den Filmen gesehen? Oliver Kalkhofe hat einen großen Namen in Deutschland und mit seiner Persiflage der Edgar Wallace-Filme im Hintergrund, hätten die Filme doch ein Erfolg werden müssen.
Denkste, die Filme liefen niemals im deutschen Kinoprogramm.
Ich habe schon oft von Direct-to-DVD-Produktionen gehört, doch dies sind dann oftmals B und noch öfter C-Filme, die als Sequel oder Genre-Film ein Motiv wieder und wieder ausschlachten. Warum dieser in Frankreich mit mehr als 2 Millionen Zuschauern erfolgreiche Film vor dem deutschen Publikum versteckt wurde, bleibt mir ein Rätsel.

Offizielle deutsche Webseite zum Film "OSS 117 - Der Spion, der sich liebte"
Wikipedia-Artikel zur Serie OSS 117 und zum Film "OSS 117 - Der Spion, der sich liebte".

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