Samstag, 30. März 2013

Ekel vor harten Alkohol

Ich komme aus den Weiten Niedersachsen und wie die Autorin Susanne Fischer einmal so wahr formulierte, "Ablenkungsmöglichkeiten auf dem Land sind stark reduziert, jedenfalls, wenn man nicht gerne fernsieht, Auto fährt oder sich betrinkt." (Zitat) Letzteres bereits als Kind zu sehen und als Teenager zu erleben, hatte Folgen. Hierzu hatte ich bereits mal eine Geschichte aus Brauel als Anhang zu einer Filmnotiz geschrieben.

Meine Eltern waren in den 1960-er Jahren Pächter einer wochenendlichen Freizeiteinrichtung mit Bewirtung. Wegen der dort gepflegten Sportart kamen überwiegend Männer.
Mein Vater stand an der Theke und die typische Bestellung war das so genannte Herrengedeck, also Bier und Korn. Meine Mutter bot Kaffee, selbst gemachte Kuchen und Frikadellen an. Wir Kinder hatten draußen große Flächen zum Spielen.
In der Gaststube sah ich an einem späten Nachmittag wie einige Männer einen der Söhne einer befreundeten Familie die Reste aus ihren Schnapsgläsern anboten und sich köstlich darüber amüsierten, dass dieser die Gläser komplett leerte. Ich meine mich zu erinnern, dass meine Mutter deren Spaß beendete, aber da war der kleine Junge (4-6 Jahre) schon angetrunken.

Selbst hatte ich eine ähnlich harte Alkoholtaufe nur wenige Jahre später. Ich war mit einem älteren Verwandten mitgefahren. Es ging auf einen Hof, der u.a. einen für mich riesigen Stall voll Hühner hatte. Die unzähligen Hühner in ihren Käfigen waren für mich ein neuer Anblick.
Es wurde mindestens eine Palette Eier gekauft und dann saßen wir in der Küche auf einer Bank, da die Bäuerin zum selbst gemachten Eierlikör eingeladen hatte. War es der Verwandte oder war es die Bäuerin? Ich bekam auch ein Glas hingestellt und als ich dies wie die Erwachsenen geleert hatte, wurde es gefüllt und als es geleert wurde, wurde es gefüllt und ....
Ich merkte was und beim Aufbruch wurde mir schlecht und noch auf den Hof schoss der Mageninhalt durch Nase und Mund und wurde Futter für die wenigen frei laufenden Hühner.
Mein Verwandter fuhr uns dann (angetrunken) zurück. Ich muss damals 8-10 Jahre alt gewesen sein.

Noch heute ekelt mich der Geruch von Eierlikör und fast jeder Form von süßen Alkohol oder einer Kombination von Süße und Alkohol (Weincreme, liebliche Weißweine und viele Cocktails).
Das waren jetzt Anekdoten aus den späten 1960-er und frühen 1970-er Jahren, aber es hat sich wenig geändert. Alkohol, hier meine ich ausschließlich Destillate und daraus fabrizierte Mischgetränke, gehörten auch in den späten 1990-er Jahren zum ländlichen Wochenende. Aus familiären Gründen war ich damals regelmäßig in einem Dorf an der Wingst. Korn, Saurer und Genever wurden immer angeboten und es war nie das eine Schnapsglas, sondern stets mehrere begleitet von blöden Sprüchen ("auf einem Bein kann man nicht stehen").
Ich bin kein Kostverächter und weiß gute alkoholische Getränke zu schätzen. Selbst die Beneblung und manchmal sogar Berauschung ist mir wohl bekannt, doch die kollektive Sauferei, die auf Feuerwehr- und Schützenfesten in aller Öffentlichkeit Extreme annehmen, hat meine Trennung vom ländlichen Leben befördert und erleichtert.

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