Samstag, 29. Dezember 2007

Flashback Einstürzende Neubauten

PHANTASMAGORIEN, DIE KURZ UND UNVERMITTELT AUFBLITZEN
Als gestern Abend meine Finger und Augen über meine Musiksammlung glitten, blieben sie bei Einstürzende Neubauten hängen. Erstmals seit Jahren hörte ich mir diesen wunderbaren urbanen Sound der 1990-er Jahre mit den irritierend-inspirierenden Texten von Blixa Bargeld. Ich hatte das Glück, die Band im Dezember 1989 im Pavillon Hannover zu erleben. Auch wenn meine Notiz im Tagebuch damals nicht sehr euphorisch klang, kann ich mich an dieses Konzert immer noch gut erinnern.
Reisserische versprecherInnen in opferlammdessous en gros und im rudel.
Geister verwaister phantome europabereister gespenster.
Weltverbesserische ideen.
(Blixa Bargeld 1992 "GRÄBERFELD" auf dem Einspielung TABULA RASA der Band EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN)

Donnerstag, 27. Dezember 2007

Killefit Etymologie

Als wir vor einer Woche zusammen eine Gans verspeisten, wurden im Verlauf des Abends zwei alte Ausdrücke im Gespräch verwendet. Einer betonte, dass er kein Pingelkopp ist und in einem anderen Kontext wurde von Killefitz gesprochen.
Pingelkopp heißt richtig Pingelpott und wurde bereits hier erläutert.

Nun kann ich auch auf den Wortursprung von Killefit oder Killefitz eingehen. Seine Konnotation ist negativ und damit werden nutz- und wertlose Aktionen, Ideen und Sachen bezeichnet. Als wir im Gespräch nach ähnlichen Wörter suchten, viel uns kein verwandtes Wort ein. Es ein Lehnwort, dass auf eine französische Wendung zurückzuführen ist.
In der napoleonischen Zeit waren französische Soldaten und Beamte in vielen Orten stationiert. Verschiedene Ausdrücke wurden damals direkt oder lautsprachlich von der Bevölkerung als so genannte Gallizismen übernommen. Das dabei das französische Wort unkenntlich wird, habe ich bereits am Beispiel tschüss (vom frz. adieu) beschrieben.

Killefit geht vermutlich auf die Wendung qui le fît (frz. für: wer das machte) zurück im Sinne von "wer (auch immer) das machte, ..."
Das Wort soll ursprünglich in der Schreibweise Killefit im Rheinland aufgetaucht sein. Eine Suche bei Google zeigt für diese Schreibweise 16.000 Treffer. Die Spezialseite Redensartenindex.de verwendet die Schreibweise Killefitz, die 6.500 Treffer unter Google hat. Es gibt auch noch Schreibweise Killifit, die aber nur 112 unter Google gefunden wird.

Quelle: Der Eintrag KILLEFIT im deutschen Wiktionary; siehe auch die Listen von Gallizismen im Wiktionary und in der Wikipedia.
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Weitere Wortursprüngen und Beiträge zur Etymologie sind über das Label ETYMS in der linken Spalte zu erreichen.

Dienstag, 25. Dezember 2007

Weihnachtspalme

Es weihnachtet natürlich auch in der List, aber ich konnte einfach nicht einsehen, dass ich für die Ausrichtung einer kleinen familiären Feier einen abgehackten Nadelbaum kaufen sollte. In diesen Jahr schafften es noch nicht einmal Zweige oder ein Kranz auf den Küchentisch.
Weihnachtspalme, Weihnachtsyucca, Palmlilie

Meine Mutter kam dann gestern Abend auf die Idee, meine Sammlung von rötlichen und silbernen Kugeln einfach an meine Yucca-Palme* zu hängen, was ich dann auch tat. Ich verzichte dann aber darauf, eine Lichterkette in den drei Bäumen zu installieren.
(*OK, es ist keine Yucca-Palme, sondern eine Agave, aber wir sagen nun mal Palme dazu und Weihnachtsagave klingt einfach zu schräg)
Weihnachtspalme, Weihnachtsyucca, Palmlilie

FROHE WEIHNACHTEN

Pingelpott - pingelig Etymologie

Übergenaues Verhalten, das anderen Menschen auf die Nerven geht, wird als pingelig und diese Menschen als Pingelpott, Pingelkopp oder Pingelkopf bezeichnet. Doch was ist der Wortursprung?

Im alten Handwerk der Färber gab es einen Topf in dem blauer Farbstoff aus
Färberwaid (Deutschen Indigo) gewonnen wurde. Am Boden des Topfes befanden sich Eisenkugeln, die den Rohstoff zerkleinerten. Es war ein kostbarer Rohstoff und entsprechend bemühte sich der Blaufärber durch beständiges Klopfen ("pingeln") von außen ein Ansetzen der Farbe im Topf zu verhindern.
Diese sorgfältige, sparsame Verhalten erhielt wandelte seine Konnotation und so wurde aus den "pingeln" pingelig und Pingelpott. Im Rheinischen Wörterbuch von 1944 finden sich noch eine Wortbedeutung von pingeln, die zum Teil positiv ist (siehe Zitat am Ende).

Quellen: Lutz Röhrich "Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten", 3. Auflage, S. 1185; Rheinisches Wörterbuch und Einträge in der Wikipedia zu Blaudruck, Indigo, Indigopflanze, Färberwaid

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Aktuell habe ich auch noch einen Beitrag zur Etymologie von killefit geschrieben; siehe auch die weiteren Beiträge (wie zum Beispiel: ciao, Razzia, Kakerlake) die in ihrer Gesamtheit über das Label Etyms in der linken Spalte zu erreichen sind.


"pingeln (...) um geringe Beiträge, Kleinigkeiten hartnäckig handeln, feilschen, z.B. im Marktverkehr; nicht nachlassen, zu drängen"
Josef Müller (1944) "Rheinisches Wörterbuch" Band VI, S. 847, Erika Klopp-Verlag
Berlin.


Siehe hierzu auch allgemein in der linken Spalte vom Blog die gesammelten Eintragungen zum Thema/Schlagwort Etyms.

Freitag, 21. Dezember 2007

Nichtraucher, Raucherzelte und Heizpilze

Niedersachsen hat seit dem 1. August ein Nichtraucherschutzgesetz (hier ist der Gesetzestext zu finden), das seit dem 1. November auch durchgesetzt wird. Das Gericht regelt in seinen Details, wo Rauchverbote bestehen und wie zum Beispiel Restaurants und Kneipen den Nichtraucherschutz umzusetzen haben. Diese dürfen das Rauchen nur in einem als solchen gekennzeichneten geschlossenen Raum erlauben.
Damit haben viele Kneipen und Restaurants ein Problem, da die Innenarchitektur der Einrichtungen oftmals von den Erleben eines großen Raumes mit offenen Zugängen zu Nebenräumen geprägt sind. Mein Stammkneipe Im Exil in Linden baute eine riesige Glastür zum vorherigen so genannten Fernsehzimmer ein. die Raucher sind nur separiert aber dennoch hat die Kneipe verloren. Neben der erheblichen Investition für den Umbau, kommt der Verlust einiger Stammgäste, die im Hauptraum an der Theke konsumierten. Im Separé ist man ausgegrenzt und scheinbar reduziert sich bereits jetzt merklich der Gesamtkonsum dieser nun Außenseiter. Doch dann gibt es auch viele Gaststätten, die keinen Raum separieren können und nun einen Teil ihrer Kunden zum Rauchen vor die Tür schicken müssen.
Rauchen gefährdet ihre Gesundheit, besonders bei Minustemperaturen vor einer Gaststätte. Heizpilze sind in unserer Zeit einer Klima- und Energiedebatte ein Hohn, aber nun vor verschiedenen Häusern zu finden. Die Kneipe Treibhaus und eine benachbarte Cocktailbar Falkners auf der Ferdi-Walli haben eine erweiterte Lösung für ihre rauchenden Gäste gefunden. Die Cocktailbar Falkners nutzte bisher bereits im Sommer mehrere Parkplätze an der Ferdi-Walli mit einer "Strandbar" (?) an dieser viel befahrenen Straße. Im November wurde diese Fläche von etwa 12 Quadratmetern mit einem Zelt mit großen Plastikfenstern überbaut. (Ein Foto habe ich hier eingefügt). Hier gibt es nun auch eine dieser Außenheizungen und so haben die Rauchenden ihren eigenen Raum. Eine ähnliche Lösung hat auch das Treibhaus gefunden. Sie haben bereits in den letzten Jahren im Winter stets ein Vorzelt vor der Eingangstür aufgebaut, damit ein Zwischenraum zum Schankraum besteht. dieses Vorzelt wurde nun mit zwei Nebenräumen versehen, die durch Heizpilze erwärmt werden. Die Rauchenden haben also auch hier ihre eigenen Räume und damit beweisen beide Gaststätten eine kreative Interpretation des Nichtraucherschutzgesetzes.
Der Deutscher Hotel- und Gaststättenverband - DEHOGA Niedersachsen hat aktuell eine Volksinitiative zur Reform des Nichtraucherschutzgesetzes gestartet. Einraum-Gaststätten, die nicht die finanziellen Mittel haben, kreative Lösungen umzusetzen sind in ihrer Existenz gefährdet. Die Gäste aller mir bekannten Kneipen und Cafés sind in der Mehrzahl Freunde von Rauchwaren. Es ist eine Illusion zu glauben, dass Nichtraucher die verdrängten Raucher ersetzen würden. Ein reformiertes Nichtraucherschutzgesetz muss es dem Besitzer einer Gaststätte erlauben, diese als eine Raucher-Gaststätte auszuweisen. Nichtraucher brauchen ja nicht in diese Kneipen zu gehen. Ich habe die Volksinitiative bereits unterschrieben und bin optimistisch, dass die notwendigen 70.000 Unterschriften relativ schnell gesammelt werden.
Übrigens ich war und bin Nichtraucher, habe aber keinerlei Verständnis für kämpferische Nichtraucher oder Antialkoholiker, die unsere etablierten Gaststätten gefährden.

Dienstag, 18. Dezember 2007

Futurama-Zitat


Philip J. Fry
"Hey wait. I having one of these things. A headage with pictures."
Turanga Leela
"An idea?"
(Futurama 4-5 "A Taste of Freedom")

Samstag, 1. Dezember 2007

Zitat Samjatin 2

Morgen wird in Russland ein Volksschauspiel gegeben, das Wladimir Putin (Владимир Путин) und seinem Freund Gerhard Schröder (Герхард Шрёдер) als Wahl bezeichnen. So kann ein Wort, das eine positive Konnotation hat, effektiv verunglimpft werden.

Jewgenij Samjatin
beschreibt in seinen dystopischen Roman WIR (1920) das Ende aller Wahlen:
Der Tag der Einstimmigkeit hat natürlich nicht mit jenen ungeordneten, unorganisierten Wahlen unserer Vorfahren zu tun, deren Ergebnis nicht im voraus bekannt war. Es gibt nichts Unsinnigeres, als einen Staat auf blinde Zufälligkeiten zu gründen. [...]
Unsere Wahlmethoden erziehen die Menschen zu einer edlen Gesinnung, sie sind viel aufrichtiger und besser als die feige, verlogene Geheimniskrämerei von einst. Außerdem sind sie weit zweckmäßiger.
(Jewgenij Samjatin, 1920, Wir; deutschen Übersetzung von Gisela Drohla, 1958; Heyne Science Fiction Classics 1982, S. 87)

So scheint jeder Machtmensch seinen Lieblingsroman zu haben. Wolfgang Schäuble mit Thomas Hobbes "Leviathan" und Wladimir Putin mit Samjatins "Wir".


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Drei weitere Zitate aus diesem Roman von Jewgenij Samjatin widmen sich:

Dienstag, 27. November 2007

Spanish Influenza - Etymology and local names

In September 1998 I attended the international conference "The Spanish Flu 1918-1998: Reflections on the Influenza Pandemic of 1918-1919 after 80 Years", where I helped a little bit with the organization, presented a paper on etymology, a poster on epidemiology and a working bibliography. The conference was organized by Dr. Howard Phillips (Historian, University of Cape Town) and Prof. David Killingray (Historian, Goldsmiths College, University of London) both are well known for their research on Spanish Influenza.
Between September 12 and 15 1998 research groups from 15 countries presented 37 papers arranged in 12 sessions. Virologists and medical historians talked about the virus, epidemiology and the medical experience; geographers, ethnologists, statisticians and historians presented case studies and put the pandemic into a greater perspective (regional, demographical, historical). 16 Papers were later published in the book "The Spanish Influenza Pandemic of 1918-19 - New perspectives", edited by Howard Phillips and David Killingray (Routledge Studies in the Social History of Medicine 12; London 2003) (here a link to the publisher).
My paper had a very long title: "What’s in a name. Spanish Influenza in sub-Saharan Africa and what local names say about the perception of this pandemic" and was presented in session 10 „Recollections of the pandemic”. This paper was not selected for publication in the mentioned book and I converted the paper into a pdf-file that you can find here.
At least my 50 pages bibliography on regional studies could be found in the mentioned book!

Here is an abstract of my paper:
During research for an interregional comparative study on social and economic patterns of reaction to the Spanish Influenza in sub-Saharan Africa I came across many local and regional names for this disease. Out of curiosity I started a data base with these different names.
It will be argued that names and descriptions for Spanish Influenza mirror patterns of reaction. Names are somehow sources for history. I do not want to overemphasise the process of naming but I just want to show how popular perceptions help to understand the pandemic.
I start with a general look at the Spanish Influenza and give examples for names pinpointing to areas of origin. The question who was responsible for the calamity leads to a discussion of an „imperial” disease introduced by the „White Man”. The paper continues with examples for religious explanations and descriptions of the disease as a natural disaster. The perceived strangeness of the disease lead to several names that are describing the most important symptoms. My paper ends with remarks on the importance of the Spanish influenza for personal periodization in oral history and oral tradition.
Naming is based on perception of significance of an event. What was Spanish on the „Spanish Influenza” and why is the disease called „Influenza” after all. Therefore the papers starts with the etymology of the name "Influenza" and I argue that a combination of a strange astronomical phenomenon and a serious epidemic in the winter 1503-1504 in Italy baptised the disease as influenza.

An introduction to my earlier case study on Spanish Influenza in Kenya could be found here.

Keywords: Spanish Influenza, Spanische Grippe, pandemic, Pandemie, epidemic, Epidemie, epidemiology, Etymologie, Wortursprung, 1918-1920
Regional focus: Africa, Senegal, Sierra Leone, Gold Coast, Ghana, Kenya, South Africa, South Rhodesia, Zimbabwe

Sonntag, 25. November 2007

Scharfe Sauce - Scoville

In meiner Familie bin ich bekannt und berüchtigt dafür, dass ich sehr scharf würze. Die indische Küche, die ich in Dar es Salaam zu schätzen lernte und dann später die noch schärferen Gerichte in Ghana sind dabei mein Hintergrund. Ich habe stets ein Familienglas (850g) indonesischen Sambal Oelek (Chilipaste / Roter Pfeffer) im Haus. Doch auch ich versäume manchmal Nachschub im asiatischen Supermarkt zu kaufen. Im Vorratsschrank fand sich dann noch ein kleines Glas mit Sambal aus Thailand.

Meine Nichte ist stets entsetzt, was für eine "giftige" Schärfe ich schätze und hat mir mehrmals ein Glas mit besonders scharfer Sauce geschenkt. Sie wollte einfach mal erleben, dass es auch für mich zu scharf ist. 
Ja,dieses Sambal Thailand (Heet) der Marke Double Seahorse kann nur in sehr geringen Mengen einer Mahlzeit zugefügt werden. Während ich normalerweise einen Esslöffel Sambal Oelek für eine Tomatensauce verwende, ist hier bereits ein Teelöffel Körperverletzung.

Die relative Schärfe hat etwas mit der Menge des Alkaloid Capsaicin zu tun. Die Schärfe wird mit der Scoville-Skala gemessen, die angibt wie viele Wassertropfen benötigt werden, um die Schärfe zu neutralisieren. Um eine Vorstellung von der Schärfe zu bekommen, sei darauf verwiesen das Gemüsepaprika auf der Scoville-Skala 0-10 Punkte hat, Peperoni 100-500, Tabasco 2.500-5.000 und Sambal 1.000-10.000. Es gibt Spezialzüchtungen, die bis zu 1.000.000 Scoville haben und Pfefferspray ist so wirksam als Waffe, weil hierfür eine Capsaicin-Konzentration von 2,0 bis 5,3 Mio. Scoville rafiniert wurde.
Das angesprochene Sambal aus Thailand wird vermutlich am oberen Ende der Skala sein; entsprechend wären bis zu 10l (=10.000 Tropfen) Wasser notwendig, um die Schärfe zu neutralisieren.

Donnerstag, 22. November 2007

Scandinavian Music Group 2006 Hölmö rakkaus Ylpeä sydän

Scandinavian Music Group

2006

Hölmö rakkaus
Ylpeä sydän









Diese herausragende Popmusik aus Finnland lernte ich auf einer Fahrt von Helsinki nach Lahti kennen. Wir saßen zu vier in einen fabrikneuen Golf und waren auf den Weg zu einem Mökki. Die Autobahn 4 / E75 ist ein Kunstkörper in dieser Moränenlandschaft; scheinbar schnurgerade zieht sich die Straße hin. Martin hatte verschiedene CDs mitgenommen und legte irgendwann die Scandinavian Music Group ein (siehe Reisebericht und Erlebnis Mökki)
Kraftvolle Popmusik, die deutliche Anleihen am Rock, Ambient und manchmal Folk nimmt, tönte aus den Lautsprechern. Martin fing an zu erzählen, dass die Band eine der Weiterentwicklungen der sehr erfolgreichen Band Ultra Bra (1994-2001) ist und Hölmö rakkaus Ylpeä sydän nicht erst ihr erstes Album ist. Das war zu hören. Die Songs sind komplex arrangiert, optimal abgemischt ohne dabei glatt zu werden. Drei Musiker und eine Sängerin, in klassischer Instrumentierung mit Schlagzeug, Bass, Gitarre und Gesang. Alle Lieder sind auf Finnisch. Ich kann kein Finnisch, doch das führte bereits in Finnland und auch hier in Hannover zu keiner Eintrübung im Genuss.

Zu einigen Lieder der CD habe ich noch einige Notizen gemacht.
  • 1. Valmis # Es fängt atmosphärisch an mit akustischer Gitarre und der wunderbaren Stimme von Terhi Kokkonen
  • 2. Hölmö rakkaus # Das ist große Popmusik!
  • 3. Ylpeä sydän # Das ist ein Lied für Reisen. Das Schlagzeug imitiert den Rhythmus eines Zuges der regelmäßig über die Gleislücken rumpelt. Dazu ein kräftiger Basslauf und wen wundert es dann noch, dass auch das Musikvideo (siehe unten) viele Reisebilder versammelt
  • 4. Katu päättyy aurinkoon # Sehr getragene Musik.
  • 5. Ota minusta puolet # Saubere Rockmusik
  • 6. Vierailla kallioilla # Einmal mehr Musik für Reisen, sehr viel Atmosphäre. Musik um sich in seine Kopfhörer zu verkriechen
  • 7. Opin valehtelemaan #
  • 8. Ilman sinua olen lyijyä # Das ist fast schon zu süss!
  • 9. Solmu # Rockmusik
  • 10. Etten säikytä kaloja # Akustische Gitarre und Gesang, das Keyboard unterstützt die Stimmung. Die Stimme der Sängerin wurde zum Teil gedoppelt und sie singt mit leicht erhöhter Tonlage eine zweite Stimme. Das Lied hat nur einen Makel, es ist viel zu kurz und es das Ende der CD.
Letzteres ist vielleicht auch die einzige umfassende Kritik an dieser Musik. Viele Stücke zeigen ein großes Potential, dass aber nicht in kurzen 3-4 Minuten auszuschöpfen ist.


2006 gehörten zur
Scandinavian Music Group:
Terhi Kokkonen - Gesang
Joel Melasniemi - Gitarren
Antti Lehtinen - Schlagzeug
Anssi Växby - Bass
In den Videos und auf den Konzerten sind auch weitere Musiker dabei.

Bisher wurden vier reguläre und diverse Promo-CDs vorgelegt:
  • Onnelliset kohtaa (2002)
  • Nimikirjaimet (2004)
  • Hölmö rakkaus ylpeä sydän (2006)
  • Missä olet Laila? (2007)
Leider muss festgehalten werden, dass diese Musik, obwohl die Band bei BMG-Sony Finland unter Vertrag steht, nicht in Deutschland zu kaufen ist. Wer keine Conncetions nach Finnland hat, kann diese wunderbare Musik nur auf den folgenden Internetseiten kennen lernen.

Auf der eigenen Website www.scandinavianmusicgroup.com können die Musikvideos zu Hölmö rakkaus und Ylpeä sydän heruntergeladen werden.

Die Gruppe hat natürlich auch eine eigene MySpace-Seite, auf der mehrere Stücke vom aktuellen und vom den hier besprochenen Album zu hören sind. Vieläkö soitan banjoa? vom gerade erschienenen Album Missä olet Laila? erzeugt eine ähnliche Stimmung, wie einzelne Stücke von Calexico. Auf YouTube ist hierzu ein Video zu sehen, wo diese Country-Stimmung zusammen mit Bildern einer USA-Reise gezeigt werden. auf You Tube finden sich sowohl erbärmliche Privatmitschnitte von Konzerten der SMG, als auch zwei weitere Musikvideos zu Stücken vom Album Onnelliset kohtaa (2002) zu hören und zu sehen.

Bisher gibt es nur finnische Wikipedia-Einträge zu SMG und Ultra Bra, die erheblich gekürzt auch auf Englisch vorliegen. Hier geht es zum SMG-Eintrag.

Mittwoch, 21. November 2007

Samjatin und seine Dystopie Wir

Es ist kein Zufall, dass als mein Blick gestern auf den Roman Wir von Jewgenij Samjatin (1920) fiel, dass ich wieder anfing diesen Klassiker einer Dystopie zu lesen. Wenn heute über gewünschte perfekte Überwachung berichtet wird, ist dies vor allem eine Reaktion der Medien auf eine neue kuriose Idee unseres Innenministers, die oftmals von einem Überwachungswahn zeugt. Dabei wird dann gerne auf Aldous Huxley und George Orwell verwiesen, die in ihren Romanen den Terror einer Überwachung zeigten.
Diese Bücher reflektieren gesellschaftliche Debatten und historische Erfahrungen mit diktatorischen Regierungen der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts und ihren als modern und der Zukunft zugewandten Gesellschaftsmodellen. Die Diktaturen haben stets die besten Absichten für ihre Untertanen, wie dies auch Stanislaw Lem in seiner Satire Kongres Futurlogiczny (1971) / Der futurologische Kongress (1974) beschreibt.

Als der Roman Wir 1920 in Russland veröffentlicht wurde, hatte Jewgenij Samjatin als russischer Revolutionär bereits Erfahrungen mit der sich entwickelten Diktatur von Lenin gesammelt, die alle von dessen Vorstellung einer Transformation zu einer perfekten Gesellschaft geprägt waren.
Der Roman setzt in der fernen Zukunft ein, als nach nicht endenden Kriegen, die Menschen sich in durch große Wälder von einander getrennten Metropolen zurückgezogen haben und seit Generationen Unfreiheit unter der Regierung eines so genannten Wohltäters und der strikten Kontrolle seiner Beschützer akzeptieren.
Es gibt keine Namen mehr, alle haben nur noch eine Kombination von einem Buchstaben und einer Zahl als Identifikation. Die frühe Konditionierung führt dazu, dass alle überzeugte Untertanen sind. Massenszenen, in denen alle im Gleichschritt marschieren oder einzelne Schritte des Tageablaufes wie in einem großen Ballett synchron in den gläsernen Häusern erfolgen, erscheinen aus der Perspektive der heutigen individualistischen Gesellschaft wie eine Satire. Das Lachen vergeht, wenn gleichzeitig an Massenszenen aus Diktaturen der Geschichte (!!!) und Gegenwart (China, Nord-Korea) erinnert wird.
Die größte Gefahr jeder Diktatur ist ...
DIE LIEBE !

Hier findet sich der Wikipedia-Beitrag zum Roman Wir und hier der Beitrag zur deutschen TV-Verfilmung des tschechischen Regisseurs Vojtech Jasny aus dem Jahre 1981 in der Internet Movie Database.

Vier Zitate aus dem Roman Wir widmen sich den folgenden Themen:

Zitate Jewgenij Samjatin 1

[Wir leben] in unseren durchsichtigen, wie aus leuchtender Luft gewebten Häusern, ewig vom Licht umflutet. Wir haben nichts voreinander zu verbergen, und außerdem erleichtert diese Lebensweise die mühselige, wichtige Arbeit der Beschützer. Wäre es anders, was könnte dann alles passieren!
(Евгений Иванович Замятин (1920) мы / Jewgenij Iwanowitsch Samjatin (deutsche Übersetzung 1958) Wir)
Die Übersetzung stammt von Gisela Drohla und zitiert wurde nach der Heyne-Taschenbuchausgabe von 1982, S. 16.
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Drei weitere Zitate aus diesem Roman von Jewgenij Samjatin widmen sich:

Freitag, 16. November 2007

Etymologie Razzia

Razzia [ratsja] = große überraschende Durchsuchungs- und Verhaftungsaktion der Polizei.
Aus dem Spanischen und Französischen übernommen, die es wiederum aus dem nordafrikanischen Arabisch übernahmen.

ga-ziyah, ghazwa oder gazwah bedeutet eigentlich Kriegszug, Raubzug, Angriffsschlacht

Historisch wurde Plünderungen und Raubüberfälle arabischer Völker als Razzia bezeichnet. Das Wort ist seit dem 19. Jahrhundert (Duden - Herkunftswörterbuch) in Deutschland für unerwartete Aktionen der so genannten Sicherheitsbehörden im Gebrauch. Das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm verzeichnet das Wort noch nicht.

Donnerstag, 15. November 2007

Spanish Influenza in Kenya

During my research for a dissertation on the social and economic impact of the Spanish Influenza Pandemic of 1918-1920 in sub-Saharan Africa I spend two months in Nairobi in the Kenya National Archives. On invitation I gave a paper at the History Department of the University of Nairobi. Copies of the paper were circulated as Staff Seminar Papers.
My research findings from Kenya never got public because my PhD was put on the shelf. I have converted the paper into a pdf document that you can find here.

Bibliographical notation
MUELLER, Juergen D. (1995) :Pattern of reaction to a demographic crisis. The Spanish Influenza pandemic (1918-1919) in sub-Saharan Africa. A research proposal and preliminary regional and comparative findings (University of Nairobi. Department of History. Staff Seminar Paper No. 6). Nairobi, 18 pp.

Summary
The pandemic of Spanish Influenza is commonly described as one of the grave global infectious diseases of the 20th Century. Nevertheless there are only few studies on the social and economic impact of this disease. This applies especially for sub-Saharan Africa. New approaches towards a social history of sickness and healing attempt to understand underlying social crises and try to relate major epidemics and pandemics into a context of social, economic and ecological transformations.

As in the case of African rural societies it is said that they have a general susceptibility to crises by external interferences. These vulnerability hypothesis offer an approach for an analysis of the Spanish Influenza in Africa. This research project tries to reconstruct and valuate this pandemic.

In the second part of this paper it is a case study of Kenya based on files and newspapers in the Kenya National Archives in Nairobi.
Keywords: influenza, pandemic, epidemic, mortality, morbidity, vulnerability, medical history, age-set, rika
Regional keywords: East African Protectorate, Kenya, Nairobi, Naivasha, Ukamba, Seyidie, Northern Frontier, Mombasa, Taita, Kikuyu, Kiambu, Meru, Murang'a, Fort Hall, Malindi, Turkana, Ulu, Nakuru, Lamu, Nandi, Kericho, Kavirondo, Machakos
[Deutsche Schlüsselwörter]: Geschichte Spanische Influenza, Grippe-Pandemie, Kenia, Mortalität, Morbidität, Verwundbarkeit

Another paper on Spanish Influenza in Africa ("Etymology - What local names say about the perception of the pandemic") is introduced in a separate blog entry.

Sonntag, 11. November 2007

Tagebuchirrtümer

In einer Rezension eines vom Autor selbst kommentierten Tagebuchs, dass während der Zeit des Prager Frühlings in Leipzig geschrieben wurde, fand ich ein bemerkenswertes Zitat:
Wer Tagebuch schreibt,
bleibt seinen Irrtümern verbunden.
(Hartmut Zwahr 2007 Die erfrorenen Flügel der Schwalbe. DDR und Prager Frühling)
Was für ein wahrer Satz!

Dieses digitale Tagebuch notiert vor allem Reaktionen und Beobachtungen in Tagespolitik, Medien und Kultur. Meine echten Tagebücher reichen bis 1980 zurück und weisen zum Teil jahrelange Lücken auf. Auf der Suche nach bestimmten Fakten habe ich immer mal wieder einige der Einträge kurz überflogen und neben Perlen auch vieles gefunden, dass leicht hin als Irrtum bezeichnet werden kann.

Nur noch eine kurze bio-bibliographische Anmerkung zum Zitat. Hartmut Zwahr war Professor für Sozialgeschichte an der Universität Leipzig und wurde 1967 gezwungen in die-Partei einzutreten, um weiter als Historiker an der UNI arbeiten zu dürfen. Rudolf Walther rezensiert im tazmag, der Wochenendbeilage der taz das Tagebuch und seine etwa 1.000 Anmerkungen und Kommentare. Hartmut Zwahr und seine Frau Annette, die Tschechisch verstand hörten tschechische Radiosendungen und lasen die wichtigste Zeitung der Regierung, den Rudé právo (hier der englische Wikipedia-Eintrag, der deutsche Eintrag ist dürftig).

Hartmut Zwahr
Die erfrorenen Flügel der Schwalbe. DDR und 'Prager Frühling'.
Tagebuch einer Krise 1968 bis 1970.
Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 2007, 434 Seiten, 36 Euro.
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Nachtrag (28.04.2008): Zu diesen Eintrag erreichte mich ein Kommentar von anonym. eigentlich veröffentliche ich keine Kommentare von Personen, die anonym bleiben, mache hier aber mal eine Ausnahme, weil die Bemerkung mit so viel Furor geschrieben wurde.

Freitag, 9. November 2007

Der Sommer 2007 in Hannover

War da was? Wir haben den kühlen Nieselregen des Novembers und die Stunden mit natürlichem Licht nehmen rapide ab, doch dies ist auch eine gute Zeit einen Rückblick auf den Sommer 2007 zu machen. Die folgenden Zahlen stammen wie stets vom Deutschen Wetterdienst. Die Berechnungen sind natürlich meine.

Theoretisch wären im Monat Juni die meisten Sonnenstunden zu erwarten, tatsächlich zeigt das langjährige Mittel auch den statistischen Höhepunkt im Juni. 2007 war es ein wenig anders. Im Ranking steht auf Platz 1 der April mit 263 Sonnenstunden, gefolgt vom Mai (219), August (191), Juni (185), Juli (174) und März (163). Dies hatte natürlich auch unmittelbare Auswirkungen auf die durchschnittliche Temperatur. Der wärmste Monat war der Juni mit 17,9° Celsius (Juli 17,6° und August 17,2°). Oder anders gesagt, der Sommer fand nicht im Sommer statt.
Einer der Gründe liegt in den nicht enden wollenden Regen, der im Mai insgesamt 170,7mm (204% über dem langjährigen Mittels). Doch auch der Juli, August und September (+ 98% des Mittelwertes) zeigten eine nasse Schulter. Dies zeigte sich schließlich auch in den relativ geringen Zahl von 25 Sommertagen (≥25° Celsius) und 4 Tropentagen (≥30° Celsius). Der Durchschnitt der letzten fünf Jahre (2002-06) lag bei 40 Sommertagen und 9 Tropentagen.

Da bis einschließlich Juni die durchschnittliche Monatstemperatur jeweils mindestens 1,5° Celsius über den langjährigen Mittelwert lag, wird die durchschnittliche Jahrestemperatur durch die subjektiv kühlen Sommermonate nicht stark beeinflusst. Denn tatsächlich waren nur der September (-0,0°) und Oktober (-0,7°) unter dem 50-jährigen Mittel der Monatstemperaturen.


Samstag, 27. Oktober 2007

puzzeln

Ich hatte für fast eine Woche meine Mutter zu Besuch. Sie kommt jedes Jahr 2-3 Mal für mehrere Tage und wir frischen dann unser Familienleben auf. Entsprechend gibt es hierfür schon lange kein spezielles Kulturprogramm mehr, sondern die Besuchstermine werden von ihr (und auch meiner Schwester) so gelegt, dass währenddessen ein Table-Quiz, eine großes Konzert oder ein interessanter Film stattfinden.
Diesmal war es "nur" ein TQ. Wir hatten unseren Spaß und am Montag machten wir einen Einkaufsbummel durch die Stadt. Meine Mutter war fasziniert von einem Puzzle und erinnerte daran, dass wir früher an vielen Nachmittagen gemeinsam gepuzzelt haben.

Wenn wundert 's, dass einen Tag später das Puzzle in meinem Wohnzimmer ausgepackt wurde. Es hatte "nur" Tausend Teile, aber an zwei Nachmittagen kam diese Sucht wieder auf. Ich würde es als "Zen oder die Kunst des Puzzelns" (na, wer kennt das Original?) bezeichnen.
Hunderte von Teile liegen vor einen, einige sind bereits zusammengefügt und nun sucht das Auge ein Teil, dass es anfügen kann. Der größte Spaß ist es dabei, sich zu konzentrieren und so lange zu suchen, bis ein Teil identifiziert und richtig platziert wird.

Damals in Brauel (ich war so zwischen 12 und 17 Jahren) begann unsere Mutter unregelmäßig ein Puzzle eines großen Gemäldes zu kaufen. Die Puzzle wurden immer schwieriger und hatten eine immer größere Zahl von Teilen. Schnell waren es 1.500, dann 2.000 und schließlich einige wenige Male sogar 3.000 Teile, die zu einen Bild zusammengefügt werden sollten. Ich kann mich an viele Nachmittage erinnern, an denen meine Mutter und ich (meine Geschwister waren nicht so interessiert oder einfach zu jung) uns über den Esszimmertisch beugten und uns zum Beispiel versuchten an "Die niederländischen Sprichwörter" (1559) von Pieter Brueghel den Ältere. Meine Mutter erinnerte mich auch daran, dass wir sehr lange an einer Seeschlacht gesessen haben und mehrmals das Puzzle für einige Tage links liegen ließen, da die Teile mit Wolken und der wilden See nur wenig Unterschiede aufwiesen.

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2014 widmete ich mich erneut der Freude ein komplizierten Puzzle zu lösen.

Dienstag, 23. Oktober 2007

Wahlcomputer





Dieser ursprünglich niederländische Comic von Rop Gonggrijp/Barry Wels (Story), Koen Hottentot (Zeichnungen) und Adam Swiecky (Kolorierung) liegt nun auch auf Deutsch vor und ist nach Angaben von Frank Geekheim, der die Übersetzung ins Netz gestellt hat, frei.
Wenn die Qualität ungenügend ist, so liegt das an der Verkleinerung durch Blogger. Ein Klick auf eine der vier Doppelreihen zeigt diese in Originalgröße.

Übrigens Wahlcomputer wurden in den Niederlanden zwischenzeitlich verboten, weil die Manipulationsmöglichkeiten und die Nachvollziehbarkeit einer Wahl nicht geischert war (Siehe hierzu den Bericht von Daniel Schulz in der taz vom 24.10. "Urnengang per Knopfdruck unsicher"). Hier in Deutschland gelten diese Erkenntnisse natürlich nicht. Die Firma NEDAP lieferte die unzuverlässigen Geräte in den Niederlanden und jetzt wurden für Testläufe in mehreren Bundesländern Wahlcomputer von NEDAP gekauft.

Aktuell (2. November) hat das Bundesinnenministerium nun diese Wahlcomputer, die in den Niederlanden als fehlerhaft bezeichnet wurden nach einem Test PTB, Braunschweig für Bundestags- und Europawahlen zugelassen (hier findet sich eine kurze Pressenotiz und hier findet sich die vollständige Pressemitteilung des BMI). Wenn wider besseren Wissens Unsinn eingeführt wird, dann werden die Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Entscheiders im Bundesinnenministerium mal wieder bestätigt. Dieses verquere Bild der Welt basiert auf den Konzept des Leviathan und erfordert Untertanen, die jede "weise" Entscheidung des Herrschers akzeptieren.
Hallo, wir leben nicht mehr im 19. Jahrhundert.

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Arno Schmidt - Mechanische Anfänge

Arno Schmidt ist bekannt für seinen spielerischen Umgang mit Wörter und Buchstaben, um die Vielfalt der Assoziationen zu pflegen. Hier drei der markantesten Anfänge einer Erzählung (Zugfahrt), eines Romans (Dreschmaschine) und schließlich eines Typoskripts (Stacheldraht):

Rattatá Rattatá Rattatá. / Eine Zeit lang hatten alle Mädchen schwarze Kreise statt der Augen gehabt, mondäne Eulengesichter mit feuerrotem Querschlitz darin : Rattatá. /
(Seelandschaft mit Pocahontas (1953) Bargfelder Ausgabe, DDR-Ausgabe, Band 2, S. 93)

Nichts Niemand Nirgend Nie ! : Nichts Niemand Nirgend Nie ! : (die Dreschmaschine rüttelte schtändig dazwischen, wir konnten sagen & denken was wir wollten. Also lieber bloß zukukken.)
KAFF auch MARE CRISIUM (1960) Bargfelder Ausgabe, DDR-Ausgabe, Band 2, S. 327)

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xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx : " – :King !" –
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Zettels Traum (1970)

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Weitere Zitate von Arno Schmidt:
Und schließlich meine Empfehlung für die Erzählung "Tina oder über die Unsterblichkeit" für all die Menschen, die Arno Schmidt erst entdecken wollen und für den Roman "KAFF auch MARE CRISIUM", der sich vortrefflich zum Vorlesen eignet.

Sonntag, 14. Oktober 2007

Palaver Sauce

Gestern war das Abschiedsessen für die Besucherin aus Accra. Sie hatte einen kleinen Kreis von Menschen aus Ghana und mit Ghana-Erfahrungen eingeladen und verwöhnte uns. Palaver Sauce (mit Rindfleisch), Groundnut Stew (mit Huhn) und dazu gekochte Plantain, Yam, Reis oder Kelawele (frittierte Plantain Chips). Es gibt übrigens in der Wikipedia einen guten Artikel zur ghanaischen Küche.
Immer wenn jemand fragt, wie ich so viel zunehmen konnte, verweise ich auf meine Reisen nach Ghana und den kulinarischen Festen mit vielen Tausend Kalorien in jeder Mahlzeit. Gestern gab es zum Abendessen wahrscheinlich auch mehr Energie, als sonst an einen Tag verarbeitet wird.
Als wir alle satt und glücklich am Tisch saßen, ging ich noch einmal mit der Gastgeberin nach oben in meine Wohnung. Ich hatte ihr einen Tag zuvor erzählt, dass die ISS sehr deutlich über Hannover zu sehen sein würde. Die Raumstation ist meiner Meinung nach eines der wichtigsten internationalen Wissenschaftsprojekte! Die genauen Angaben zur Position der ISS waren notiert. Und pünktlich auf die Minute ging ein „Stern“ im Westen auf, wurde schnell zum hellsten Objekt am sternenklaren Himmel und zog zwei Minuten später fast senkrecht über uns hinweg. Leider sind mit meinem Fernglas (8x40 oder 8-fache Vergrößerung) noch keine Details zu erkennen. Hierzu muss ich weiterhin auf die die aktuellen Bilder der NASA zurückgreifen.
Zurück in der anderen Wohnung redeten wir über die Lebenswirklichkeit in Accra. Mit der "neuen" Regierung (acht Jahre im Amt), die sich Weltbank/IMF und generell der makroökonomischen Umstrukturierung angedient hat, wird jährlich ein Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens festgestellt. Auf Nachfrage konnte aber kein Beispiel für eine wirtschaftliche Besserung im eigenen Umfeld benannt werden. Das Leben in Accra wird in wirtschaftlicher Hinsicht als Krise empfunden. Als eine Konsequenz dieser fehlenden wirtschaftlichen Verbesserung hat die Korruption wieder epidemische Ausmaße angenommen und nachts regiert nun auch in Accra das Verbrechen und die Angst.
Paradies lost, nach 9 pm sollte man nicht mehr alleine unterwegs ein und Nachttaxis ist nicht mehr zu trauen. Schusswaffen sind aufgetaucht und werden auch benutzt.
Weltbank + Co. sind glücklich. Kredite und Investitionen sind nun sicher, sprich in Ghana erwirtschaftete Gewinne können und werden in den Norden transferiert. Das mag platt klingen, ist aber leider die Realität.

Korruption ist überall wurde erzählt. Wer regelmäßig einreist, und dabei ist es unerheblich, ob diese Person aus Ghana stammt oder ein Blafonyo (=Weißhäutiger) ist, muss bereits im internationalen Bereich des Flughafens Schmiergeld zahlen, damit das Gepäck ohne weitere Probleme das Gebäude verlassen kann. Die Beamten sprechen von „private talk“ oder „we need food“ und verlangen etwa €5,00 für ein Durchwinken. Sollte in dieser Situation ein Polizist gerufen werden, um das korrupte Verhalten eines Zöllners anzuzeigen, wird es nur noch schwieriger, denn der Gesetzeshüter verlangt noch mehr Schmiergeld. Dies funktioniert natürlich nur, weil diese regelmäßig einreisenden Menschen stets Güter (Mobiltelefone oder andere technische Geräte) dabei haben, die Sie als Geschenke mitbringen und eigentlich (es handelt sich um große Familien, die beschenkt werden wollen) diese Güter verzollen müssten.
Die Steigerung des Nationaleinkommens basiert auf den Gewinnen, die das Land verlassen (früher wurde dies deutlich als Ausbeutung bezeichnet), einem schnellen wachsenden Reichtum der politischen Elite und ihrer Großfamilien und einem Ausbau der Infrastruktur. Nur im letzten Fall, haben die normalen Menschen einen Vorteil aus den Entwicklungen der letzten Jahre. Die Straßen werden besser und es wird nicht mehr so viel Zeit im Stau verschwendet.

Es war kein schönes Bild von Accra, Ghana, dass sich vor mir entfaltete.

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Doris Lessing Zitate 1

Da draußen ist die Welt, und sie ist mir so egal, dass ich eine Woche lang noch nicht einmal die Zeitungen gelesen habe. Ich holte die Zeitungen von der Woche und breitete sie um mich herum auf dem Fußboden aus. Während der Woche hatten sich die Dinge entwickelt - hier ein Krieg, da eine Kontroverse. Es war, als hätte man mehrere Fortsetzungen einer Filmserie verpasst, konnte aber trotzdem das, was in ihnen passiert war, aus der inneren Logik der Geschichte ableiten. Ich fühlte mich gelangweilt und matt, weil ich wusste, dass ich, ohne die Zeitungen überhaupt gelesen zu haben, allein aus politischer Erfahrung, eine ziemlich gute Prognose über die Ereignisse der Woche hätte stellen können. Das Gefühl von Banalität, der Ekel vor der Banalität, vermengte sich mit meiner Angst; (...)
(Doris Lessing 1962 "Das goldene Notizbuch", Übersetzung Iris Wagner 1978, Frankfurt: Goverts, S. 563.)
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OK, für die Freunde des Originals:
Out there is the world, and I care so little that I haven't even read the newspapers for a week. I fetched the week's newspapers, and spread them around me on the floor. during the week things had developed - a war here, a dispute there. It was like missing several installments of a serial on the films but being able to deduce what had happened in them from inner logic of the story. I feld bored and stale, knowing that, without having read the newspapers at all, I could have made a pretty good guess, from political experience, at what had happened in that week. The feeling of banality, the disgust of banality, mingled with my fear; (...)
Doris Lessing 1962 "The Golden Notebook", London: Granada Edition, pp. 567-568.

- - - - - Weitere Beiträge zu meiner Lieblingsschriftstellerin:

Doris Lessing Bibliographie

Romane von Doris Lessing (Sie hat nach ihren 80. Geburtstag noch vier Romane veröffentlicht!)

Jahr der Veröffentlichung / Originaltitel / Jahr der deutschen Veröffentlichung / Deutscher Titel [Kurzkommentar]
  • 1950 The Grass Is Singing 1953 Afrikanische Tragödie [Südrhodesien, wo sie Kindheit und Jugend verlebte]
  • 1952 Martha Quest (Children of Violence, Volume I) 1964 Martha Quest [1. von 5 Bänden. Kinder der Gewalt beschreiben den Weg einer Frau aus Südrhodesien vom elterlichen Hof auf dem Land in die Hauptstadt Salisbury, Politisierung, Liebe, Enttäuschung und schließlich Auswanderung nach London und die Probleme sich dort einzuleben]
  • 1954 A Proper Marriage (Children of Violence, Volume II) 1964 Eine richtige Ehe [ein Zitat über die Bücherwelten]
  • 1958 A Ripple from the Storm (Children of Violence, Volume III) 1965 Sturmzeichen
  • 1962 The Golden Notebook 1978 Das goldene Notizbuch [Ihr wichtigstes Werk. Eine Frau versucht ihr Leben zu kontrollieren und steht immer wieder kurz vorm scheitern; eine Auseinandersetzung mit dem Feminismus; ein Zitat über die sich wenig ändernde Weltpolitik]
  • 1965 Landlocked (Children of Violence, Volume IV) 1965 Landumschlossen
  • 1969 The Four-Gated City (Children of Violence, Volume V) 1969 Die viertorige Stadt
  • 1971 Briefing for a Descent into Hell 1981 Anweisung für einen Abstieg zur Hölle [Die Hölle ist die Psychatrie in welcher der Protagonist steckt und nun den Weg zurück zur Realität finden muss]
  • 1973 The Summer Before the Dark 1975 Der Sommer vor der Dunkelheit [Die Kinder sind erwachsen und nun wird ein neues Ziel gesucht]
  • 1974 The Memoirs of a Survivor 1979 Die Memoiren einer Überlebenden [Beobachtungen in einer Stadt der nahen Zukunft, in der jede Verwaltung und Versorgung als Allgemeingut zusammengebrochen ist]
  • 1979 Re: Colonised Planet 5, Shikasta (Canopus in Argos: Archives, Volume I) 1983 Shikasta [1. von 5 Bänden der auf fremden Welten handelt; ein Kunstgriff um ihre Annäherung an den Sufismus in Worte zu fassen; schwere Kost, die für mich immer noch nicht verträglich ist]
  • 1980 The Marriages between Zones Three, Four, and Five (Canopus in Argos: Archives, Volume II) 1984 Die Ehen zwischen den Zonen Drei, Vier und Fünf
  • 1981 The Sirian Experiments (Canopus in Argos: Archives, Volume III) 1985 Die sirianischen Versuche
  • 1982 The Making of the Representative for Planet 8 (Canopus in Argos: Archives, Volume IV) 1987 Die Entstehung des Repräsentanten von Planet 8
  • 1983 Documents Relating to the Sentimental Agents in the Volyen Empire (Canopus in Argos: Archives, Volume V) 1987 Die sentimentalen Agenten im Reich Volyen
  • 1983 The Diary of a Good Neighbor (veröffentlicht unter dem Pseudonym Jane Sommers) 1985 Das Tagebuch der Jane Sommers [Gelunger Coup: Sozialroman aus der Welt der Armen und Vergessenen in einer Metropole; erst während des Verkaufserfolgs des folgenden zweiten Bandes wurde bekannt, wer die Autorin ist; ein Zitat über den Wunsch sich von der Welt abzuschließen]
  • 1984 If the Old Could (Pseudonym Jane Sommers) 1985 Die Liebesgeschichte der Jane Sommers
  • 1985 The Good Terrorist 1985 Die Terroristin [diffuser Wunsch nach radikaler Änderung zweier junger Menschen]
  • 1988 The Fifth Child 1988 Das fünfte Kind [Über Ausgrenzung von Unerwünschten durch die Gesellschaft]
  • 1996 Love, Again 1996 Und wieder Liebe
  • 1999 Mara and Dann, an Adventure 2001 Mara und Dann
  • 2000 Ben, in the World 2002 Ben in der Welt
  • 2001 The Sweetest Dream 2003 Ein süßer Traum
  • 2005 The Story of General Dann and Mara's Daughter, Griot and the snow dog 2006 Die Geschichte von General Dann
  • 2007 The Cleft 2007 Die Kluft
  • 2008 Alfred and Emily 2008 Alfred und Emily
Es gibt mehr als einen guten Grund einen Roman von Doris Lessing zu lesen.

- - - - - Weitere Beiträge zu Doris Lessing :

Doris Lessing hat endlich den Nobelpreis

JA, endlich!. Gerade lief die Nachricht im Radio und obwohl ich alleine in meiner Wohnung bin, machte ich einen lauter freudigen Ausruf.

Es gibt nur wenige Autoren, von denen ich mehr als ein Dutzend Werke gelesen habe. Von ihr habe ich fast alles gelesen und über vierzig Bände (inklusive Kurzgeschichtensammlungen und die ersten zwei Teile ihrer Autobiographie) zieren meine Bibliothek.
Für eine Person, die Doris Lessing nicht kennt, ist es schwer eine Empfehlung zu geben. Im Alter von 88 Jahren schaut die Autorin auf mehr als 60 Jahre Schreibtätigkeit zurück. Beginnend mit ihren afrikanischen Erzählungen, ihren Versuchen sich im Exil in London einzuleben und diese zu ihrer Stadt zu machen, dann die verschiedenen Bücher, am Rande des Wahnsinns und hieraus folgend ihre Science Fiction und schließlich zurück zu den großen sozialen Themen einer Metropole. Ihr "Goldenes Notizbuch" ist meiner Meinung nach ihr Magnum opus und sollte nicht unbedingt von einen Neuling gelesen werden.
Sie ist eine große Erzählerin im be4sten Sinne des Wortes. Solch einem Menschen würde ich gerne Zuhören und ersatzweise lese ich.

Hier findet sich die deutsche Version der offiziellen Pressemitteilung und hier weitere Einträge zu Doris Lessing:

Mittwoch, 10. Oktober 2007

Zitat Douglas Adams 6

"Schreiben ist ganz einfach. Du musst nur so lange auf ein blankes Stück Papier starren, bis dir die Stirn blutet."
Douglas Adams im Gespräch mit Neil Gaiman. Zu finden in: Neil Gaiman (2003) "KEINE PANIK! Mit Douglas Adams per Anhalter durch die Galaxis“, S. 160.

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Weitere Zitate von Douglas Adams:
Idiotensicher, Redefluss, technische Entwicklungen, Komik / Comedy im Fernsehen, Religiösität, Fristen und Termine, verrückt werden, Objektivität und Paradoxe, Problemlösung, Logik,
siehe auch die Lesung von Douglas Adams zum Thema Conservation basierend auf seinen Reisen zu aussterbenden Tierarten, genauer zu den vom "Raubtier Mensch" bedrohten Tieren.
Ein schönes Beispiel für die hier beschriebene Prokrastination findet sich in dem verlinkten Video.

Neil Gaiman 2003 KEINE PANIK!

Neil Gaiman 2003 "KEINE PANIK! Mit Douglas Adams per Anhalter durch die Galaxis", Hamburg: Rogner + Bernhard bei Zweitausendeins.

Die ist eine Biographie Douglas Adams (11. März 1952 - 11. Mai 2001), die eigentlich nur den Erfolg der Geschichte vom Hitchhiker erzählen wollte. Douglas Adams führte mehrere Gespräche mit dem Autor und erlebte noch die ersten beiden Auflagen.
Es ist definitiv ein Buch für Fans, denn es geht um Details; darum warum welche Figur gewählt wurde und wie sich diese auf dem Weg von der Idee, über die BBC-Radiosendungen (1977), die Bücher (1979) zu den BBC-Fernsehsendungen (1981) veränderten und entwickelten. Es werden auch andere Aktivitäten und Produktionen beschrieben, wie die Dirk Gently Romane und seine Aktivitäten in der Computerbranche, aber eigentlich geht es stets um den Anhalter.

Der Autor pflegt einen humoristischen Stil und gibt Douglas Adams oftmals viel Raum für seine Beschreibungen. Es ist lustig zu lesen, dass dieser Schriftsteller eine dauerhafte Schreibblockade hatte und nur unter hohen Druck dazu zu bringen war, Texte zu verfassen. Sein Verlag mietete ihn zweimal dafür speziell ein Haus und im zweiten Fall wurde sein Lektor und Freund mit ihn in dieser Klause einquartiert. Der Verlag wollte sicher gehen, dass jeder nun entstehende Text sofort aufgearbeitet werden konnte. Es wird behauptet, dass einige seiner Bücher in nur einen Monat geschrieben wurden. Die Ideen schwirrten viele Monate im Kopf, aber erst in der Klausur wurde daraus eine Geschichte mit einen Buch.

Besonders faszinierend ist die Darstellung der Struktur des ersten Bandes des Anhalters. Es ist dies fast ein Ergebnis von creative writing. Eine Idee wird verfolgt, die führt zu einer weiteren Idee und Nebenhandlungen und bis kurz vorm Ende ist nicht klar, ob und wie die Geschichte enden wird. 
Dies ist nicht ein Trick von Douglas Adams, sondern er sagt von sich, dass er manchmal auch nicht wusste, wohin seine Phantasie die Protagonisten der Geschichte führen würde. Für den Wert eines guten Witzes wurden vorher durchdachte Handlungsstrukturen immer wieder verändert.

Abschließend verweise ich auf einige Zitate von Douglas Adams:
Idiotensicher, Redefluss, technische Entwicklungen, Komik / Comedy im Fernsehen, Religiösität, Schreibblockade, Fristen und Termine, verrückt werden, Objektivität und Paradoxe, Problemlösung, Logik,
siehe auch die Lesung von Douglas Adams zum Thema Conservation basierend auf seinen Reisen zu aussterbenden Tierarten, genauer zu den vom "Raubtier Mensch" bedrohten Tieren.

Sonntag, 7. Oktober 2007

Zitat Arno Schmidt 2

Wie vermeide ich Unsterblichkeit?
(...)
»Aufs Dorf ziehen. Doof sein. Rammeln. Maul halten. Kirche gehen. Wenn n großer Mann in der Nähe auftaucht, in n Stall verschwinden : dahin kommt er kaum nach !
(...)«.

(Arno Schmidt (1955) Tina oder über die Unsterblichkeit, Bargfelder Ausgabe, vorletzter Absatz)

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Weitere Zitate von Arno Schmidt:
Und schließlich meine Empfehlung für die Erzählung "Tina oder über die Unsterblichkeit" für all die Menschen, die Arno Schmidt erst entdecken wollen und für den Roman "KAFF auch MARE CRISIUM", der sich vortrefflich zum Vorlesen eignet.

Arno Schmidt 1955 Tina oder über die Unsterblichkeit

Arno Schmidt (1955) TINA oder über die Unsterblichkeit, Erstveröffentlichung in der Zeitschrift Augenblick 1956, Nr. 4 / Bargfelder Ausgabe - Werkgruppe 1, Band 2, S. 165-187.


Es gibt Bücher und Kurzgeschichten, die kann ich alle paar Jahre mit großen Vergnügen wieder lesen. Tina von meinem Lieblingsautor AS gehört dazu und wird immer wieder genossen. Der Griff ins Regal hatte bestimmte etwas unbewusstes, denn seit dem Tod eines ehemaligen guten Freundes schweiften die Gedanken zu gemeinsamen Erlebnissen und Gesprächen.

Es klingt fast schon banal, wenn formuliert wird, ein Mensch lebt so lange fort, wie andere Menschen an ihn denken und über ihn reden. Im negativen Extrem wird vom sozialen Tod gesprochen, dass ein Mensch bereits vor dem physischen Tod verstorben ist, da niemand an ihn denkt.

Arno Schmidt greift den Gedanken der Unsterblichkeit auf und machte hieraus eine amüsante Kurzgeschichte, in der ein Mensch so lange existiert, wie sein Name auf einem Blatt Papier zu finden ist. Es wird oftmals von unsterblichen Werken der Literatur geschrieben, hier werden die Konsequenzen gezeigt.

Der Protagonist ist einmal mehr ein Alter Ego des Autors, der auf einen abendlichen Gang durch Darmstadt, wo die Geschichte geschrieben wurde, einen seltsamen Mann kennen lernt, der ihn einlädt, ihn einmal mit in das Elysium zu begleiten. Dies ist der Ort, wo die Unsterblichen weiter existieren. Er reist mit diesen Mann, der sich als der Schriftsteller Christian August Fischer (1771-1828) herausstellt und folgt ihn und der Schriftstellerin Kathinka "Tina" Halein (1801-77) in eine verborgene Hohlwelt unter die Erdoberfläche.
Jeder Unsterbliche darf von Zeit zu Zeit einen sterblichen Autor als Besucher ins Elysium führen, um ihn die Konsequenzen seines Schaffens zu zeigen. So lange noch ein Buch oder Manuskript existiert, dass auf eine reale Person verweist, so lange verbleibt die Person im Elysium. Erst mit der Vernichtung der letzten Erwähnung verschwindet die Person ins Nirwana. Die Ewigkeit kann unendlich langweilig werden.

Auf diesen einundzwanzig Seiten zeigt Arno Schmidt seine Dia-Technik der diskontinuierlichen Erzählung. Jeder Schnappschuss ist gefüllt mit Literatur(geschichte). Es ist eine selbstironische Geschichte, denn Arno Schmidt lebte damals davon, dass er vergessene und fast vergessene Autoren des 18. und 19. Jahrhunderts in Funkessays wieder bekannt machte.
Für Menschen, die Arno Schmidt noch nicht kennen, empfehle ich stets die Romane „Schwarze Spiegel“ (1951) und „Kaff auch Mare Crisium“ (1960). Doch wer erst mal in den Stil hinein schnuppern möchte, sollte „Tina oder über die Unsterblichkeit“ lesen.

Wie die Unsterblichkeit vermieden werden kann, findet sich als Zitat im nächsten Beitrag.

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Arno Schmidt wird ausführlich im Web präsentiert. Ich verweise auf den Artikel in der Wikipedia und auf die Seiten der Arno-Schmidt-Stiftung. Des weiteren gibt es die Gesellschaft der Arno Schmidt Leser, die ein ausführliches Internetportal zu vielen Aspekten des Autors und seiner Werke anbieten.
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Weitere Zitate von Arno Schmidt:
Und schließlich meine Empfehlung für den Roman "KAFF auch MARE CRISIUM", der sich vortrefflich zum Vorlesen eignet.

Montag, 1. Oktober 2007

Beginn eines Auslandsstudiums

Gestern erfuhr ich im Chat, dass eine portugiesische Abiturientin der Deutschen Schule Lissabon nun ihren Studienplatz der Medizin an der Universität Göttingen antreten wird. Sie schrieb, "in den letzten tagen habe ich angst davor gekriegt". Dies führte mich zu Gedanken, wie ich früher die Fremde erfahren habe.

Als ich mein Studium an der Universität Dar es Salaam (=UDSM) antrat, hatte ich keine Angst, sondern nur Neugier und gespannte Erwartung. Einen Kulturschock hatte offensichtlich eine meiner Mitreisenden, die auf der Taxifahrt vom Flughafen zur Universität einen Weinkrampf bekam. War das Elend mit seinen Slums und Squatters, das links und rechts von der Straße zu sehen war oder war es das Erkennen, das Partner und Familie fast unerreichbar waren?

Kommunikation war damals im Jahre 1988 im sozialistischem Land Tanzania ein echtes Problem. Ein funktionierendes Telefon zu finden, einen fairen Preis auszuhandeln und dann mit Echo und schlechter Stimme eine vertraute Stimme zu hören, erschien mir so irreal, dass ich während des ganzen Jahres es nie versuchte; erst einige Jahre später nutzte ich von Ghana ein Telefon -Zeitverzögerung und Echo machten telefonieren zu einen kuriosen Erlebnis. Mobiltelefonie und Internet waren noch nicht bekannt und so verblieben nur Briefe und Telegramme, wobei erstere nur eine 95-Prozent-Beförderungsgarantie (galt für beide Richtungen) hatten.
Ernüchternd kann im Nachhinein festgestellt werden, dass wir drei deutschen Studierenden jeweils unsere Partner durch Entfremdung verloren und nach diesem extremen Erlebnis eine Erneuerung der Beziehungen nach der Rückkehr nicht mehr möglich war.


Ich erlebte meinen Kulturschock nach meiner Rückkehr nach Hannover. Es dauerte Monate bis ich mich an die Geschwindigkeit des Verkehrs und der nie vorhandenen Zeit für ein Gespräch gewöhnt hatte. Es gab auch in Tanzania schnelle Autos und dicht befahrene Straßen, dass war aber in keiner Weise mit Deutschland zu vergleichen. Das man täglich an der UDSM mit mehreren Dutzend Menschen kurze Gespräche führte, erschien mir zunächst kein Verlust in Hannover, da es sich zumeist um höfliche Floskeln handelte. Doch plötzlich nur noch 2-3 Gespräche am Tag zu führen war irritierend.


Dennoch verstehe ich die angehende Mediziner, denn Sie verlässt den Ort ihrer Kindheit und Jugend. Als ich nach Tanzania aufbrach hatte ich bereits seit fast acht Jahren außerhalb der Familie an verschiedenen Orten gelebt.

Schlaf und Träume

In unserer wöchentlichen Montagsrunde in der Kneipe "Im Exil" gab es heute zwei interessante Themen. Zunächst ging es darum, dass wir uns heute immer weniger aufregen. Weder über die große Politik (Birma) noch im privaten Bereich. Nur sehr selten wird einer von uns in der Öffentlichkeit laut und in der Regel ist es einen danach sehr peinlich und man entschuldigt sich. Ich habe in diesen Jahr mindestens dreimal die Beherrschung verloren (EK07, BCN und in der Familie), doch darum soll es jetzt nicht gehen.

Als zweites sprachen wir über Schlaf, gesunden Schlaf und das Gefühl, das man gute Träume hat. Hierzu hatte ich heute bei Ehrensenf einen Tipp bekommen. Auf den Wissenschaftseiten der BBC gibt es einen Themenblock "Sleep". Ich gehöre auch zu den Menschen, die glauben, dass sie ihren Schlaf noch optimieren könnten und oftmals das Gefühl haben nicht wirklich ausgeschlafen zu sein. Ich machte den ausführlichen Test auf den Seiten der BBC, um mein Schlafprofil zu bestimmen. Das Ergebnis war ernüchternd, denn ich habe schon fast einen optimalen Schlaf- und Erholungszyklus. Viel interessanter waren die folgenden Informationen aus der aktuellen Schlafforschung, die ich im Kreis der Freund auch erzählen konnte. Ich hatte vor einigen Jahren noch gelernt, dass der Schlaf des Menschen in mehrere Phasen zerfällt und eine zu kurze Nachtruhe dazu führt, dass die REM-Phase nicht erreicht wird. Die BBC berichtet nun, dass der Schlaf in Phasen zerfällt, aber sich diese besser als Zyklen zu bezeichnenen Intervalle im Verlauf einer Nacht mehrmals wiederholen. Jeder Zyklus ist etwa 90 bis 110 Minuten lang und zerfällt in eine Nicht-REM-Phase und eine REM-Phase. die nicht REM-Phase wird weiter unterteilt in (und jetzt nehme ich mal die englischen Fachausdrücke) A) Light Sleep 10 min B) True Sleep 20 min C) Deep Sleep with Delta Waves (low breathing and heart rate) und D) Deep Sleep mit rhythmischer Atmung und leichten Muskelbewegungen. Nach 70 bis 90 Minuten beginnt die REM-Aktivität, in der eine sehr erhöhte Gehirmaktivität stattfindet (=Träume). Danach kommt wieder A) Light Sleep. Dies erklärt mir warum nach etwa zwei Stunden Schlaf viele Menschen, die ich kenne kurz wach werden, um auf die Toilette zu gehen. Ein Zyklus ist vorbei und die abendlichen Getränke suchen ihren Ausgang.
Die Länge des eigenen Schlafbedürfnisses hängt also nicht von der Länge eines Zyklus ab, sondern davon wieviele Zyklen der eigene Körper benötigt. Ich benötige scheinbar fünf Zyklen, um mich wohl zu fühlen. Nach vier Zyklen funktioniere ich bereits und nach einen sehr anstregenden Tag benötige ich zur Erholung sechs Zyklen.