Mittwoch, 28. Februar 2007

Departed von Martin Scorsese

Departed – Unter Feinden (USA 2006, 149 Minuten)
Regie: Martin Scorsese

Depart. Etymologisch vom lateinischen departir, to devide, to part from
depart = 1. a) weggehen, fortgehen, sich entfernen; b) abfahren, auslaufen, ablegen, abfliegen, abreisen; c) abweichen; 2. verscheiden, sterben.
departed = 1. a) vergangen; b) dahingeschieden; 2. Dahingeschiedene


Ich war beeindruckt als ich vor einem Monat aus dem Kino kam. Dennoch habe ich darauf verzichtet, wie sonst üblich eine eigene Filmkritik oder Inhaltsangabe zu diesen gelungenen Streifen zu schreiben, da alles wesentliche bereits in der Wikipedia steht. Dies gilt sowohl für diesen Film (link), als auch für das chinesische Original Infernal Affairs (link).

Herausragend ist die Konsequenz der Geschichte. Es sind nicht nur jeweils ein Undercover-Polizist bei der irischen Mafia und ein Mafia-Freund bei der Polizei, sondern jeweils mehrere, die sich aber untereinander nicht kennen und ihrem Dienstherren bis zum Tod dienen. Die Gewalt ist selten zu sehen, dann sehr drastisch und dennoch oftmals beiläufig. In dem dargestellten Milieu gibt es keine Distanz zu Folter und Mord.

Martin Scorsese (link) hat lange auf einen Oscar warten müssen. Erst mit der siebten Nominierung für seine Regieleistung erhielt er die Figur. Ich schiebe es auf das orthodoxe Verständnis von Christentum in den USA, dass sich die Academy 1989 nicht traute, die Nominierung für Last Temptation of Jesus Christ in einen Oscar umzuwandeln (Er ging stattdessen an den US-Patrioten Oliver Stone für seinen Born on the 4th of July). Für seine letzten drei Filme (2003 Gangs of New York, 2005 Aviator und 2007 Departed) gab es eine Nominierung für den Oscar für die Regie. Nun hat er ihn endlich gleich in doppelter Ausführung für Regie und Besten Film. In allen drei Filmen spielt Leonardo DiCaprio die Hauptrolle und er gibt alles. Es sieht so aus, dass er nun Oscarnominierungen sammelt.

Ich gebe dem Film 9 von 10 möglichen Punkten meiner Filmbewertung, die hier zu finden ist.
Der Film war sogar wirtschaftlich ein Erfolg: Bis Ende Januar -also vor der Oscar-Verleihung- haben sich in Deutschland mehr als 1,1 Millionen zahlende Besucher den Film im Kino angeschaut.

Samstag, 24. Februar 2007

Von Sarasota nach Hannover

Vom Ende meiner Reise nach Florida, 19. Februar 2005

Zum Abschluss hier noch einige Zeilen aus Charlotte, NC
... und retour
bin immer noch zu verwirrt, um die Eindrücke der Reise mit sinnvollen Adjektiven zu beschreiben.
Wieder in Charlotte, wieder im Starbucks Café, es scheint selbst dasselbe Personal zu sein. Kein Wunder, denn ich saß hier auf die Stunde genau vor 23 Tagen.
Meine Abfahrt wurde leider stressig für mich. Es fing bereits damit an, das nicht alles in den Koffer passte. 70 Pound (à 453g, also mehr als 31 Kilo) Gepäck waren verführerisch und so packte ich zu viele Bücher ein. Bücher nahmen Volumen und im ersten Packversuch des Vorabend erreichte ich sogar die 70er Grenze und das, obwohl noch nicht die Wäsche von der Leine verpackt war.
Es fällt mir sehr schwer, mich von Büchern zu trennen, doch zwei gebundene Bände eines Wörterbuches blieben in Siesta Key.
Mehrmals versuchten wir zu zweit den Koffer zu schließen. Es gelang einfach nicht! Endlich mit Gewalt und Druck schnappten die beiden Schlösser zu, aber der Kofferrand wölbte sich so weit, dass der Inhalt zu sehen war. Also wieder auf und weitere Inhalte aussortieren. Am Ende waren es 64 Pound in einen Koffer ohne Räder plus eine Tasche.
Und wenn erst einmal das Gefühl vorhanden ist, dass alles etwas später wird, dann stehen wir natürlich vor der geöffneten Zugbrücke, die Siesta Key (Insel) sonst mit dem Festland verbindet und warten auf das schleichende Segelboot, das den Brückenbereich durch fährt. Natürlich kam es mir dann auch so vor, als wenn wir eine rote Welle an den Ampeln haben, etc. pp.
Doch es gab keinen zum Stress, wir waren etwa 1:50 vor dem Abflug am Flughafen und das Check-in für den Sitzplatz ging sehr schnell. Leider gab es die blöde Nachricht, dass der Flieger nach Frankfurt überbucht ist und mir in Sarasota noch kein Sitzplatz zugewiesen werden kann.
Das Einchecken des Koffers war dann schon eine größere Aktion. Noch zweimal wurde er geöffnet. Die Sicherheitsbeamten verschwanden für 10 Minuten mit meinen Koffer und baten zum Schluss nur um den Schlüssel, damit er verschlossen auf die Reise gehen konnte.
Soweit meine Notizen aus Charlotte.
In Hannover fand ich dann eine Karte im Koffer, die auf die Kontrolle in Sarasota verwies. Das gefällt mir gar nicht. Menschen durchsuchen meinen Koffer, während ich selbst noch nicht einmal zuschauen darf.
In Charlotte ging es sofort zum Schalter und ich war der erste von der Warteliste und mir wurde auch ein Sitzplatz zugewiesen. Vor dem Einsteigen konnte ich am Schalter hören, dass einige gebuchte Passagiere nicht mit diesen Flieger befördert werden.
Der Flug war ein Horror. Der schlechte Service von US Airways auf einer Langstrecke war mir noch in schlechter Erinnerung und ich kann nun klar sagen, dass dies die bisher zweitschlechteste Fluglinie (noch hinter Aeroschrott ähh Aeroflot aber vor Air Tanzania) war, die ich kennen gelernt habe. Ein Airbus mit acht Sitzen je Reihe, wo ich froh war, dass ich nicht sehr groß bin, denn der Sitzabstand war sehr eng. Neben mir nahm ein 150%-Passagier Platz. Eine breit gebaute Freundin würde im Vergleich als vollschlank bezeichnet werden. Er presste sich zwischen die beiden Sitzlehnen und seine beiden Oberschenkel uferten nach links und rechts aus. Seine Arme nahmen mehr als ein Viertel meines Sitzes in Anspruch. Erschwerend kam hinzu, dass wieder mal blöde Eltern ihre Babys und Kleinkinder unvorbereitet in einen Flieger mitnahmen. Schräg hinter mit saß ein Paar mit zwei Kindern und die kleine Tochter schrie ausgiebig und aus vollem Hals mehrmals während des Fluges und war weder durch den Vater noch die Mutter zu beruhigen. Aus den Reihen vor mir, sah ich in diesen Schreiattacken verärgerte müde Gesichter. So sah ich wahrscheinlich auch aus. Da half es nur, dass ich Stöpsel im Ohr hatte, um mir Filme anzuschauen. Die Mahlzeiten im Flieger waren ein Witz, aber ich war diesmal vorgewarnt und hatte selbst Wasser und Käse im Handgepäck. Ein Abendessen, dass als Vorspeise zu bezeichnen war und eine Stunde vor der Landung ein Frühstück, dass aus einem süßen Brötchen und einem Becher schlechtem Kaffee bestand.
Wegen der Sitzverhältnisse (ich saß erschwerend am Gang und wurde von passierenden Passagieren und Stewardessen regelmäßig touchiert) und der Heulboje hinter mir, die nicht nur bei Auf- und Abstieg ohne Pause schrie, sondern auch bei den 2-3 Turbulenzen nicht zu beruhigen war, verhinderten einen Schlaf. Der Flug dauert 8 Stunden und nach fünf Stunden hatte ich alle interessanten Filme gesehen und döste ein wenig. Das Kleinkind weckte mich und viele andere vor dem Sonnenaufgang. War ich froh, als ich in die kalte Luft von Frankfurt trat.
In Frankfurt wachte ich dann die Stunden 23 und 24 bis zu meinem Anschlussflug nach Hannover. Lufthansa! Ein Aufruf und eine lange Schlange formierte sich. Wir waren wahrscheinlich genauso schnell im Flieger, wie in den USA, wo Passagiere nach Sitzzonen sortiert aufgerufen werden, sich in den Flieger zu begeben. Da sich viele nicht an diese Aufrufe halten (als ich den US-Flieger betrat, saßen in den aufgerufenen Zonen nur wenig mehr Passagiere, als in den Zonen, die noch nicht aufgerufen waren) und einige ein Handgepäck haben, dass vom Volumen eher als echtes Gepäck zu bezeichnen wäre, dauert das Einsteigen und Platzieren.
Schneeflecken nördlich von Frankfurt und wieder um Hannover verwiesen bereits auf die zu erwartende Kälte. Hatte mich in den Tagen zuvor bereits durch Wetterberichte auf dieses Scheißwetter mental vorbereitet. Blöder Winter!
Hannover wurde in einer großen Schleife umflogen, da wir vom Osten kommend landeten. Es schien eine Inversionswetterlage zu sein, denn Hannover lag unter einer rostigen Schmutzschicht. aus der schemenhaft nur der Telespargel zu erahnen war. Die Hochhäuser vom Sahlkamp oder andere hohe Gebäude waren in dieser Dreckluft nicht zu sehen. Gepäck – S-Bahn – Bahnhof – Taxi (mein Koffer ohne Räder wäre sonst nicht zu transportieren) und schließlich Göbelstr. Die Heizung war während meiner Abwesenheit im niedrigen Dauerbetrieb gelaufen und mein digitales Spielzeug zeigte 15° Celsius an. Nachts war es manchmal kälter in Florida. Daheim, ein gutes Gefühl.

Weitere Notizen vom KSC und anderes

Vorletzter Beitrag zur Reise nach Florida, hier Notizen zum 10. Februar 2005 und den folgenden Tagen

Am nächsten Morgen verzichtete ich auf die Beleidigung durch das Frühstück, das im Hotelpreis inbegriffen war und ging alleine wieder ins Frühstücksrestaurant um dort etwas Richtiges zu mir zu nehmen. Es ging wieder zeitig zum Kennedy Space Center. Es gab noch einige Attraktionen, die ich mir aufgehoben hatte. Zum Beispiel das IMAX-Kino. Ich war noch nie in so einem Kino und nun sah ich mit einer Spezialbrille in 3D Aufnahmen aus der International Space Station aus der Perspektive der Astronauten. Das war mal wieder beeindruckend.
Wir blieben bis zum Nachmittag auf dem Gelände, die Senioren absolvierten viele Programmpunkte ein zweites Mal. Ich verbrachte viel Zeit mit Spazieren und Beobachten.

Unser Rückweg an die Westküste führte uns zunächst an die Südspitze von Cape Cañaveral. Hier lagen mehrere riesige Kreuzfahrtschiffe der Walt Disney Corporation vor Anker. Das schienen Hotelschiffe zu sein. Disney World ist weniger als eine Stunde Busfahrt von diesem Hafen entfernt. Wir fuhren weiter in den Süden auf der Küstenstraße. Ich fand es sehr angenehm, das wir einen anderen Weg als die Route 95 nutzten. Florida scheint hier eine einzige langgestreckte Siedlung zu sein. Nur wenige Kilometer Küste sind nicht bebaut. An einer dieser Stellen machten wir einen Halt und gingen an den Strand. Es war kühl geworden und da auch nicht viel Interessantes zu sehen (Ja ich habe den Atlantik auch von der US-Seite gesehen!) war, ging es schon bald zurück zum Auto und nach wenigen Kilometern schließlich doch auf die Route 75 bis Fort Pierce, wo wir wieder auf die State Route 70 abbogen, um die Halbinsel zu queren. Es wurde Abend und es war vollständig dunkel, bis wir schließlich in Siesta Key ankamen.

Es waren amibavalente Eindrücke, aber dennoch sollte eine Reise nach Florida auf jeden Fall auch zur NASA führen. Wenn ich noch einmal nach Florida reisen werde, dann würde ich auch noch einmal das Kennedy Space Center aufsuchen.

Weitere Notizen aus den USA:
Amish People sind immer wieder in Florida zu sehen. Die Frauen fallen auf mit ihrer feinen, durchscheinenden Haube, die in einer eckigen Auswölbung die Haare in einem Dutt bündelt. Der Mann mit seinem Kinnbart läßt mich stets lächeln. Der Bart ist oftmals viel länger, als die aus den Medien bekannten Bilder von Bärten der Taliban. Dazu ein Haarschnitt, der hinter viel zu hoch ausrasiert ist.
Bisher habe ich Amish stets mit mindestens einen Kind gesehen. Es fällt auch auf, dass fast alle Amish, denen man auf der Straße, im Bus oder Geschäft begegnet, relativ jung sind. In der lokalen Zeitung war zu lesen, dass auch in der Gruppe der Amish zwischenzeitlich Snowbirds existieren, die den Winter bei ihren Glaubensgenossen in Florida verbringen. Es gibt also eine weitere Modernisierung in dieser konservativen Gemeinschaft.

Republikaner
Auf einem Parkplatz sah ich einen KIA, der gleichzeitig mit US-Fahne, Wahl’04, Support-Our-Troops-Schleife und dem breiten, offiziellen Bush/Cheney’04 Aufkleber für die Stoßstange ausgestattet war. Wie sieht nun ein überzeugter Bushie aus?
Zwei übergewichtige Seniorenpaare in Freizeitkleidung bestiegen den Wagen. Sie sehen also aus, wie alle anderen.

Donnerstag, 22. Februar 2007

Kurioser Dialog an der Kasse

Im Discounter an der Ecke führte ein älteren Mann, der vor mir abkassiert wurde, ein kurzes Gespräch mit der etwa gleichaltrigen ihn offensichtlichen persönlich bekannten Kassiererin. Die Frage nach seinen Hunden. Er korrigierte sofort, dass es nur noch ein Hund sei. Der andere musste vor kurzem eingeschläfert werden, wegen hohen Alters und Krankheiten.
Der Mann packte während dieser Worte ein und ich wurde bereits abkassiert. Die Kassiererin meinte zum Schluss, dass dies leider bei Menschen nicht erlaubt ist.
Sie sah mein Erstaunen im Gesicht und ergänzte rhetorisch: Ist doch wahr!
Ich entgegnete, dass Euthanasie in den Niederlanden erlaubt ist und irgendwann bei uns auch möglich ist.

Es war nicht das erste Mal, das ich persönlich höre, dass eine Unterstützung beim Sterben erwünscht ist. Irritiert verließ ich den Laden.

Kennedy Space Center Visitors Complex

Aus den Reisenotizen vom 9. Februar 2005
Nach einen lächerlichen Frühstück im Hotel, das im Preis mit inbegriffen war, fuhren wir zum Kennedy Space Center Visitors Complex (KSCVC). Für $38,- Eintritt gab es ein 36-Stunden-Ticket, dass einen das eigentliche Besucherzentrum mit mehreren Hallen und Außenobjekten bietet und Busfahrten und Eintritt zum Apollo / Saturn V Center und dem Observation Gantry ermöglicht.
Doch im Einzelnen:
Es war ein kühler Morgen und als wir den Indian River auf einer langen Brücke überquerten lag Nebel auf dem Wasser und Teilen der Cape Cañaveral Insel. Wir waren früh vor dem Tor. Auf den Parkplätzen verloren sich nur wenige Autos und noch wenige Reisebusse. Die Schalter für den Ticketverkauf waren noch nicht geöffnet. Mit dem Kitzel der Erwartung of things to come, war es leicht zu warten. Kaum im Komplex ging es sogleich in eine von den animierten Hallen. Diese Kombination von Filmen, Geräuschen und automatisierten Geräten, die Realität illusionieren ist ja aus anderen Freizeitinstitutionen bekannt, doch hier ging es um eines meiner Steckenpferde, die mich seit meiner Kindheit begleiten. Ich soll die Mondlandung erlebt haben, mein Vater hatte mich dafür geweckt, aber ich habe keine Erinnerung daran.
Überall fand sich natürlich das NASA-Logo, doch wurde gleich mehrmals auf Hinweistafeln und Werbebroschüren darauf verwiesen, dass "no tax dollars are used to fund KSCVC facilities, staff or operations."
Nach dieser Einführung in die Robot Scouts und die aktuellen Missionen zum Mars folgten wir draußen den ersten Gruppen von Menschen, die nun bereits auf dem Gelände waren, um einen der Busse zu den beiden weiter entfernt liegenden Abteilungen zu nehmen. Die ganze sumpfige Insel ist mit verschiedenen Komplexen der NASA und des allgegenwärtigen US-Militärs übersät. Der Bus fuhr etwa 10 Kilometer nach Norden und die ganze Zeit war das Vehicle Assembly Building zu sehen, dass immer größer vor uns aufragte und schließlich passiert wurde.
Hier werden die Space Shuttle mit den Antriebsraketen verknüpft. Die fehlenden Abdeckungen verweisen auf den letzten Hurrikan, der über das Gelände zog und erhebliche Schäden verursachte.
Wir machten den Fehler, dass wir am ersten Haltepunkt der Observation Gantry ausstiegen. Es handelt sich hierbei um eine bessere Aussichtsplattform, mit wenigen Exponaten. Es war einfach noch viel zu kalt, um oben im Wind die wunderbare Aussicht auf die verschiedenen Abschußplätze zu genießen. Das Gebäude liegt neben dem Crawlerway, dem überbreiten Weg auf dem die startbereiten Space Shuttle aufrecht stehend im Schritttempo zu einer der beiden Abschußplattformen (siehe Foto) gefahren werden. Der nächste Start sollte in mehreren Monaten sein und entsprechend war nur bei unserer Vorbeifahrt und dem kurzen Blick in das Vehicle Assembly Building etwas Aktivität von der NASA zu sehen.
Frierend ging es mit den nächsten Bus weiter zum Apollo / Saturn V Center, das sich noch einmal zwei Kilometer weiter im Norden befindet. Der Fahrer verwies darauf, dass wir auf die Gräben achten sollten, da dort Alligatoren leben würden. Doch die waren wie schon am Myakka River durch die kalte Luft abgeschreckt und blieben versteckt unter der Wasseroberfläche. Zur linken war eine der ungewöhnlichsten Konstruktionen zu sehen. Für die Space Shuttle gibt es hier eine Landebahn. Sie ist sehr lang, das Ende war nur zu erahnen und viel breiter als jede vorher gesehene Landebahn oder mehrspurige Autobahn. Ich fragte mich, wie viele tausend Tonnen Beton wurden hier wohl im Sumpf versenkt, damit ein Space Shuttle landen kann?
Um mich zu beeindrucken, gehört schon etwas dazu, doch als ich eine waagerecht hängende Saturn-V-Rakete sah, da war ich mehr als beeindruckt. Nirgendwo in der langgestreckten hohen Halle war meine Kamera in der Lage, die Proportionen dieser 120 Meter langen Rakete einzufangen.
Doch zunächst sah man beim Betreten der Halle das Unterteil der Rakete mit seinen Hauptdüsen:
Ohne meine Begleiter sah ich mir die vielen Ausstellungsobjekte und Nebenräume an. Ich wollte diesen Kindheitswunsch für mich alleine auskosten.
Leider wurde hier, wie auch im zentralen Besucherkomplex viel Information so vereinfacht dargestellt, dass es auch ein Grundschüler (oder ein US-Bürger, der vor langer Zeit die Schule verlassen hat) verstehen kann. Dabei entsteht dann auch einmal Infotainment, der mich nur peinlich berührt. Es sollte heute keine Kunst mehr sein, eine Ausstellung so auszustatten, dass sie die verschiedenen intellektuellen Klientel bedient. Jedes Museum in Deutschland, das etwas auf sich hält, kann sowohl Grundschülern, als auch Studierenden und den Spezialisten etwas bieten und ihn unterhalten. Hier wird nur der kleinste gemeinsame Nenner präsentiert.
Die Sonne wärmte sehr langsam die feuchte Luft, doch zu einem teuren Mittagsimbiss konnten wir als wieder draußen sitzen. Die lokale Vogelwelt hat sich auf die Gäste der NASA spezialisiert und die Tiere lassen eine Annäherung bis auf 1-2 Meter was umgekehrt heißt, dass kein Teil des Essens je alleine gelassen werden darf und die Abfälle in sich schließende Mülleimer versenkt werden.
Blick von der Terrasse auf die Abschußplattform. Die Wiese ist abgezäunt, da sich direkt dahinter die Natur inklusive Alligatoren befindet. Hier habe ich dann schließlich auch Alligatoren gesehen. Als wir mit dem Bus zurück zum zentralen Besucherzentrum fuhren, erahnte ich einen flachen Kopf in einem Graben, aber neben den Parkplatz lag dann ein Tier in der Sonne. Im Verlauf des Nachmittags machte ich einen Spaziergang entlang der Grünanlagen und zwei Teiche waren durch solide Metallzäune vom Rest getrennt. Es gab dort eine Pforte mit Hinweis auf mögliche selbst verschuldete Gefahren hinter dem Zaun.
Hier stand auch ein Original Space Shuttle, dass man sogar betreten konnte. Kein Ort für Menschen, die Angst vor Enge haben. Auf der Unterseite sah ich mit Amüsement, dass die Hitzekachel einzeln nummeriert waren, auch wenn für mich kein Zahlensystem zu erkennen war.
In einer benachbarten Halle sprach eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der NASA. Es war eine lebhafte Erzählerin, die beständig im „we“ der Corporate Identity sprach. Die NASA und ihr Umfeld bieten mehr als 100.000 Menschen Beschäftigung. Egal nach welcher Definition, dies ist ein Großbetrieb.
Eine Facette des Kennedy Space Centers ging mir bereits nach zwei Stunden auf den Senkel. Das riesige Gelände hat in seinen drei Zuschauerbereichen im Außenraum alle Dutzend Meter Lautsprecher. In jeden Raum sind auch mehrere Lautsprecher. Sind für die Notfalldurchsagen notwendig? Im Außenbereich und den großen Ausstellungshallen strömt kontinuierlich Muzak von der dramatischen Art aus den Boxen. Sinfonisches mit Trommeln und Blechbläsern, die in ihren Auf- und Abschwung immer wieder die Aufmerksamkeit erregen. Muzak, die sich scheinbar alle 20-30 Minuten wiederholt.

Irgendwann war ich satt von allen Eindrücken und setzte mich einfach auf eine Bank. Wir würden am nächsten Vormittag wieder kommen. Abends ging es gegenüber dem Hotel in ein "Frühstücksrestaurant". Das Omelette war üppig.

Mittwoch, 21. Februar 2007

Fahrt quer durch Florida

Aus dem Reisetagebuch 8. Februar 2005
Früh am Morgen hatte ich bereits alles fertig gepackt, aber die Senioren waren noch nicht so weit. Es war wunderbares Wetter, also zog ich meine Joggingschuhe an, machte einige Dehnübungen und mich auf den Weg einmal um den Block. Der Ortsplan hatte mir bereits gezeigt, dass dieser Rundkurs etwa eine Meile lang war. Das tat einfach gut.
Ich hatte alle Zeit der Welt und nach langem Frühstück und der Zeitung ging es immer noch nicht los. So setzte ich mich an den Rechner und schrieb diese Zeilen. Es wurde schließlich 11:30 Uhr bis alle in der Familie über das Telefon über unsere große Expedition ausführlich informiert waren und der Wagen ins Rollen kam.
Florida ist relativ groß und die Autos dürfen nicht sehr schnell fahren. So ist eine 300-Kilometer-Tour zum Cape Cañaveral jeweils ein halber Tag auf der Straße. Als meinen Beitrag zu dieser Reise übernahm ich das Benzingeld. Die Spritpreise sind dort zwar viel niedriger als in Europa, aber dafür haben die Fahrzeuge (hier ein SUV) auch einen sehr hohen Verbrauch.
Ganz pauschal kann man sagen, dass die Westküste mit ihren vorgelagerten Inseln der Landstreifen für die Reichen ist, doch um so weiter man sich in das Landesinnere begibt, um so mehr nehmen die Trailer-Parks für die Armen am Rand der festen Siedlungen zu.
Wir verließen den Großraum Sarasota auf der State Route 72 und passierten diesmal die Einfahrt zum Myakka River State Park. Kurz vor dem Städchen Arcadia vereinigte sich unsere Straße mit der State Route 70, die über 60 Kilometer schnurgerade nach Osten führte. Wenn es nicht zwischendurch Bäume und kleine Bodenwellen gegeben hätte, wären wir stets ins Unendliche gefahren.
Die verschiedenen Hurrikans, die in den letzten Jahren über Florida gezogen sind, haben immer wieder eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Die Hurrikan-Saison 2004 ist noch deutlich an blauen Planen auf den Dächern zu erkennen (Hier gibt es die offiziellen Informationen während der Hurrikan-Saison).
(Ausschnitt aus einem Foto mit Teleobjektiv; wollte nicht so nah rangehen, entsprechend unscharf)
Es ist das gleiche Blau, das der UN-HCR für Flüchtlingslager auf der ganzen Welt verwendet. Hier ist es die FEMA (=Federal Emergency Management Agency), die dann aktiv wird, wenn ein Gouverneur den Präsidenten bittet, einzelne Landkreise (=Counties) zu Katastrophengebieten zu erklären. Manchmal waren nur noch die Fundamente, dieser Blechsiedlungen zu sehen. Und immer wieder waren Bäume zu sehen, deren Krone abgebrochen war.
Das die Zahl und Stärke der Hurrikane im jährlichen Durchschnitt zunimmt und das dies womöglich mit der Erwärmung der Atmosphäre in einen Zusammenhang steht, wird weder in Zeitungsartikeln noch in Gesprächen thematisiert. Nach Meinung der ignoranten Regierung von George W. Bush gibt es ja auch keinen wissenschaftlichen Beweis für eine vom Menschen verursachte Klimaänderung. Nach deren Meinung sind es halt bisher nicht vollständig erforschte und verstandene klimatische Zyklen (Sonnenflecke, etc.), die als wirkliche Ursache zu finden sind.

Und wen treffen die Stürme? Alle! Doch es ist natürlich einen größeres Problem für die armen Menschen. Sie haben oftmals keine Versicherung gegen Sturmschäden und stehen nach solch einem Schadensereignis vor dem Nichts und müssen um Nothilfe betteln.
Die Natur hat hier aber noch eine andere Zerstörungskraft: Buschfeuer. Für etwa eine Minute fuhren wir durch ein Gebiet, dass deutliche Spuren eines großen Feuers aufwies. Die freundliche Seite der Natur zeigte sich, als ein Waschbär die Straße querte und sich durch uns nicht stören ließ, so dass wir ihn beobachten konnten. Mehrmals waren verschiedene exotische Großvögel zu sehen. Ich meine auf einer feuchten Wiese einen Marabu gesehen zu haben und einmal war eine verteilte Gruppe von Störchen zwischen Rindern zu sehen.

Florida lebt an der Küste vom Tourismus (inkl. der Langzeitbesucher Snowbirds), doch im Landesinneren ist das "echte Florida" zu finden, wie es meine Gastgeberin formulierte. Weiden, Feuchtwiesen und Orangenplantagen. Das Geld wird hier mit Rinderzucht und Orangenkonzentrat verdient. So gab es viele Viehweiden, die mehr als einen Kilometer breit sind und verstreut auf der riesigen Fläche stand hier und da ein Rindvieh. Es ist ein feuchtes Land. Manchmal waren Hunderte von ertrunkenen Bäumen zu erblicken. Florida ist flach wie der Norden der Niederlande. Regenwasser fließt oberflächlich ab und ein kräftiger Regen flutet niedrige Flächen. Es waren natürlich Plantagen und Weiden auch dort angelegt, wo früher ein Sumpf war. Die Natur holt sich ihre Flächen zurück.
Einmal passierten wir eine große Fabrik. Aus der Ferne hielt ich dies wegen der viele Rohre für ein Chemiewerk, aber es war dann eine Citrus-Raffinerie. Dort standen viele LKWs mit hohen Drahtkisten mit der Länge von großen Containern bis oben angefüllt mit Orangen. Ein sehr intensiver Duft lag dort in der Luft.

Es gibt nicht viele Landstraßen, die direkt die westliche und östliche Küstenautobahn verbinden, dennoch war auf der von uns genutzten Straße nur wenig Verkehr. Zum späten Mittagessen wurde wieder einmal Fastfood angesteuert. Meine Gastgeber zu McDonalds und ich ins TacoBell. Bestimmte Prinzipien will ich schließlich pflegen: McD ist gut für seine sauberen Toiletten und Punkt. Es gelang mir diesmal sogar, es so zu formulieren, dass meine Gastgeberin keine unendliche Debatte über meinen angeblichen Starrsinn begann. Ich sagte ihr nur kurz: „You do not vote for Republicans and I do not go to McDonalds“

Alles ist groß in den USA und so sind es natürlich auch die Gefängnisse. Wir fuhren an zwei von diesen großen amerikanischen Gefangenenlagern vorbei. Mehrere Hundert Meter von der Straße entfernt war jeweils auf einer offen einsehbaren Fläche von etwa 500 mal 500 Meter mit gestaffelten Zäunen und Gräben vom Umland abgetrennt. Auf der Fläche standen viele zweistöckige Blocks. Es ist ja bekannt, dass die USA die weltweit (vor China, Indien oder Russland!) höchste Zahl an Gefangenen hat und dies hat nicht nur etwas mit der hohen Bevölkerungszahl zu tun. Die Zahl der Gefangenen je einer Million Einwohner findet keinen Vergleich mit einem europäischen Staat.
Ich habe mal in der Wikipedia nach den aktuellen Zahlen geuscht. In den USA leben 7,37 Menschen von 1.000 Bewohnern hinter Gittern und Stacheldraht. Regional gibt es Unterschiede von 1,48/1.000 in Maine und 1,71/1.000 in Minnesota bis zu 6,94/1.000 in Texas und 8,16/1.000 in Louisiana. Hier wird gern und viel weggesperrt. In Deutschland leben 0,78/1.000 im Gefängnis, in Großbritannien 1,39/1.000 und in Norwegen 0,59/1.000 Einwohner. Die Liste der Gefängnisse in Florida will gar kein Ende nehmen.

Als wir schließlich die Ostküstenautobahn (Route 95) erreichten, nahm der Verkehr merklich zu. Hier liegen mit Miami, Fort Lauderdale, Palm Beach, und Jacksonville bedeutende Großstädte und viele LKW und PKW waren auf beiden Seiten der Autobahn unterwegs. Wir kamen abends an unserem Ziel am Cape Cañaveral an. Wir suchten zunächst gar nicht nach einer Unterkunft, sondern fuhren erst einmal zum NASA-Besucherzentrum, informierten uns über die Eintrittspreise und machten erste Fotos.
Dann begann die Suche nach einem Hotel im benachbarten Titusville. Es wurden viele Kilometer gefahren, da es keine klare Erinnerung daran gab, wo beim letzten Besuch genächtigt wurde. Am westlichen Ortsausgang weit entfernt von privaten Häusern fand sich schließlich ein Hotel, für das die beiden als Mitglieder vom AAA (US-Variante des ADAC) einen Rabatt erhalten würden. Es war einer dieser häßlichen Zweckbauten, die innerhalb kürzester Zeit mal so eben hingestellt werden können. Sie gaben sich selbst drei Sterne, haben aber höchstens zwei verdient und das bei einem Preis von etwa 50 Dollar.
(nächtlicher Blick auf die Route 95 bei Titusville, Florida)

Nach kurzer Rast ging es dann zu einem Restaurant, dass wir auf der Hinfahrt zum Hotel gesehen hatten. Natürlich ging es nicht, sondern wir fuhren. Vom Hotel aus gesehen, dass etwa 100 Meter abseits der Hauptstraße lag, war das Restaurant auf der anderen Straßenseite – Luftlinie etwa 200 Meter. Wir fuhren auf die Hauptstraße zur nächsten Möglichkeit die Straßenseite zu wechseln etwa einen Kilometer zurück in die Stadt und denselben Kilometer zurück zum Restaurant. dort parkten wir auf einer riesigen Fläche etwa 100 Meter vom Restaurant entfernt. Es ist dies eine der sehr populären Ketten, wo wir zu Abend essen wollten. Ein richtiges Restaurant! Es war rappelvoll und wir mussten erst einmal uns in eine Warteliste eintragen. Zum Restaurant gehört ein Giftshop und so konnte die Zeit bis zum Aufruf unseres Namens mit den amüsierten schweifen durch den Laden verbracht werden. Irgendwie sprach mich keines der Motive auf den T-Shirt wirklich an. Ich fand wie bereits an vielen anderen Orten, keine Souvenirs oder Gebrauchsgüter, die mich im täglichen Leben dann an diese Reise erinnern würden.
Es war ein anstrengender Tag und leider konnte ich nun kein Bier zischen. Es war ein Familienrestaurant, rauchfrei und ohne Schanklizenz. Das Essen war interessant, aber nicht herausragend und leider wie so vieles sehr teuer.

Hier endete mein Reisetagebuch, obwohl ich weitere 10 Tage in den USA blieb. Die zwei Tage bei der NASA waren sehr beeindruckend und nach meiner Rückkehr wollte ich meine Arbeit in der Bibliothek abschließen. Es fand sich damals nie die Zeit, das Gesehene und Gehörte zu reflektieren und aufzuschreiben. Meine handschriftlichen Notizen, die ich nie verarbeitet habe, sind sehr dürftig.

Mit zwei Jahren Abstand habe ich nun diese Notizen überarbeitet und werde im nächsten Beitrag einige Beobachtungen aus dem Kennedy Space Center ausführen. Dann kann ich auch endlich einige der vielen Fotos, die ich am Cape Cañaveral gemacht habe, mal zeigen.

Dienstag, 20. Februar 2007

Sarasota im Februar 2005

Ich habe meinen Reisebericht Florida 2005 vor etwas mehr als zwei Wochen unterbrochen. Nun sind die restlichen etwa neun Druckseiten von mir überarbeitet und werden mit verschiedenen Fotos nachgeschoben.

Aus meinem Reisetagbuch vom 6. Februar 2005
Ein Sonntag, ich saß viel über den Büchern und sortierte weiter den Bestand. Wie sagt man es höflich? Ein Großteil der in einem Leben gesammelten Bücher sieht zwar gut in einer Bücherwand aus, aber der Wiederverkaufswert ist sehr gering. Die Klassiker aus den Jahren 1900-30 wurden in sehr großen Auflagen verkauft und viele Bücher existieren weiterhin. Ich habe für gebundene gesammelte Werke eines Klassikers (Leinen, ohne Schäden) Ankaufpreise von manchmal nur €2/Band recherchiert (zur Kalkulation siehe weiter unten).

Ich habe das größtmögliche Handicap für die USA, kein Führerschein. Das zur Verfügung gestellte Fahrrad entspricht den Standard, den ich hier auf der Straße sehe, aber Lichtanlage und mit der Ignoranz der lokalen Autofahrer verbietet sich jede Fahrt in Dämmerung oder Nacht. Im Kreuzungsbereich habe ich mehrmals Fahrradspuren auf der Fahrbahn gesehen, aber nie erlebt, dass einer Blechbüchseninsaßen am Steuer diese Verbotszonen für beachtete. Um zu überleben, muss bei jedem Auto, das einen entgegenkommt oder von hinten nähert, immer mit der Blödheit und Nichtbeachtung der Automobilisten gerechnet werden. Ich hatte nur einen Beinaheunfall, weil ich auf einer meiner ersten Fahrten auf meine Vorfahrt pochte und ein Auto aus einer Nebenstraße einfach auf die Hauptstraße fuhr und mich zu einer Vollbremsung zwang.
Die Firma SCAT betreibt den öffentlichen Busverkehr und eine Linie bedient auch den Verkehr zwischen der Insel Siesta Key und der Innenstadt von Sarasota. Leider fährt der Bus nur einmal in die Stunde und ist unpünktlich in beide Richtungen. An den Haltestellen steht, dass ein Fahrgast etwa 10 Minuten vor der angegebenen Abfahrtzeit an der Haltestelle sein soll. Der Bus hält sich nicht an den Fahrplan und kann entsprechend auch früher an der Haltestelle vorbeifahren. Zu spät ist er natürlich auch, da es hier keine Busspuren oder sonst wie eine Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs gibt. Das einzig angenehme am ÖPNV ist der Preis. 50 Cent für ein Fahrt. Dennoch lockt dies nur wenige Passagiere. In der Summe bin ich für längere Fahrten von meinen Gastgebern abhängig.

Dies führt mich zu einen anderen Thema. Autofahrten. Dies ist eine Gesellschaft, die rund um das Auto und seine Bedürfnisse und Notwendigkeiten gebaut ist. In Deutschland habe ich bereits oft über Autofetischismus gelästert, aber das ist alles harmlos gegen die Beobachtungen und Gespräche, die ich hier geführt habe. Dreimal habe ich bereits selbst erlebt, dass Gastgeberin für Strecken von 150 bis 300 Meter den Wagen bewegt. Nachdem der Einkauf in einem Geschäft eines Einkaufszentrums erledigt ist, fuhr der Wagen weiter, um näher am Eingang des benachbarten Geschäfts zu sein. Für diese 150 Meter Gewinn wurden aber mehrere hundert Meter gefahren, da das Straßensystem auf den Parkplätzen keine Abkürzungen kennt. Der lokale Markt ist am Ende der Hauptstraße etwa einen Kilometer entfernt. Als ich erstmals unabhängig zum Markt wollte, wurde mir angeboten, mich zu fahren. Ich musste darauf bestehen, dass dies auf jeden Fall mit den Fahrrad machen würde. Und meine kleine Tour von etwa 11 Kilometern km zum Turtle Beach und 11 Kilometer erscheint hier etwas Besonderes zu sein. Dies hat nichts mit dem Alter meiner Gastgeber zu tun. Ich habe mitgehört, dass diese kleine Tour am Telefon auch den Kindern erzählt wurde.

Heute gab es einen wunderbar langer Kaffeeklatsch mit einer Besucherin, die nicht nur wie eine Barbie-Puppe gekleidet war, sondern auch offensichtlich einen viel zu niedrigen BMI-Wert hatte. Viel später motivierte mich diese Person zu einen Eintrag in mein spöttisches Lexikon der US-Zivilisation Dictionary of US-Civilization – B)

Reisetagebuch vom 7. Februar 2005
Wieder ein Büchertag. Einige Elemente der Sammlung sind nun fertig sortiert und auf ihren möglichen Wiederverkaufswert geschätzt. Um den Wert zu bestimmen, machte ich mit den genauen bibliographischen Angaben eine Suchanfrage im ZVAB Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher oder seinem US-amerikanischen Partner ein. Fast alle Bücher, die hier in den Kisten verpackt liegen, wurden gleich von mehreren antiquarischen Buchhändlern angeboten, so dass ich einen Mittelwert des Verkaufspreises bilden konnte. Diese Summe habe ich jeweils durch drei geteilt und zum nächsten glatten Betrag aufgerundet. Dies basiert auf meinen Erfahrungen mit deutschen Händlern, die vom Verkaufspreis den Laden, Angestellte, Steuern und ihre eigene Existenz finanzieren müssen und dies macht mehr als die Hälfte des Verkaufspreises aus. Wenn dann 10 Bände Schiller von 1910 für durchschnittlich €60 angeboten wurden, ergab dies €2/Band als Ankaufspreis. Die erste Email an einen US-amerikanischen Buchhändler, der sich auf deutsche Literatur spezialisiert hat, wurde heute verschickt. Mal sehen, ob ich Antiquariate in den USA für den Ankauf einiger der Bücher interessieren kann.

Und morgen beginnt eine mehrtägige Tour. Es geht an die Atlantikküste und wir steuern das große Ziel Kennedy Space Center auf dem Cape Cañaveral an. Das wird ein Spass. Statt Science Fiction mal Hardware.

Zitat Monty Python 1.5

Ich finde, die Leute sollten sich meine eigene Meinung bilden können.
(Monty Python’s Flying Circus, 1. Serie, 5. Folge, Die Identitätskrise des Menschen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, 1969, Deutsch von Arnd Kösling)
Wie zu sehen, lese ich derzeit mal wieder die gesammelten Werke von Monty Python. Eine der angenehmen Arten kurz vorm Einschlafen abzuschalten.

Bibliographischer Hinweis auf die Quelle:
CHAPMAN, Graham/CLEESE, John/GILLIAM, Terry/IDLE, Eric/JONES, Terry/Palin, Michael "Monty Python's Flying Circus. Sämtliche Worte".Zürich: Haffmanns Verlag, 2 Bände, 1993 (Original "MPFC: Just the Words", London: Methuen, 1989)

Montag, 12. Februar 2007

Ton Steine Scherben Family in Hannover

Letzten Mittwoch endete im Capitol die zweite Tournee der Ton Steine Scherben Family.
Es war ein früher Beginn angekündigt und vor dem Konzert legte ein DJ Rockmusik von den späten 60-er bis zu den frühen 80-er Jahren auf. Offensichtlich wurde darauf Rücksicht genommen, dass es ein Werktag war und das Publikum schon vor langer Zeit die zeitlichen Freiheiten der Bildungseinrichtungen verlassen hatte. Wider Erwarten erschien bereits kurz nach 20 Uhr ein Ansager auf die Bühne der einleitende Worte sprach.
Für uns Fans der Musik von Ton Steine Scherben und Rio Reiser gibt es zur Zeit ein großes Ärgernis durch die aktuelle Kampagne des Mediamarktes. Statt eines gesprochenen Statements wurde ein Zeichentrickfilm gezeigt, der im Stil der Sendung mit der Maus das Problem vorstellte.

Doch wer ist nun der Bösewicht in diesem Skandal? Sind es die Gebrüder Möbius, weil sie diesen Missbrauch des Liedes "König von Deutschland" erlaubten oder ist es die Sony als Rechteinhaberin der von Rio Reiser eingespielten Lieder, die nur auf die Lizenzeinnahme starren.

Oder ist es kein Skandal, sondern nur ein Hinweis darauf, dass Erfolg und Zeit aus dem "König von Deutschland" einen Klassiker gemacht haben, der nun für Massenwerbung eingesetzt wird. Es ist natürlich bitter für die Scherben Family, dass diese Melodie nun vom "Schweinesystem" mit der Stimme von Harald Schmidt genutzt wird.
Der Song entstand noch in der radikalen, politischen Phase der 1970-er Jahre und hatte wie verschiedene andere Lieder (Kommen Sie schnell/Irrenanstalt, Alles Lüge, Junimond) es nie auf eine der bekannten Schallplatten der Scherben geschafft.
Funky K. Götzner, Foto: Jürgen D. Müller
Martin Paul, Foto: Jürgen D. Müller

Die Zusammensetzung der Band hatte sich seit dem letzten Konzert vor etwa 14 Monaten nur wenig verändert. Fast alle, die sich mit Recht als Mitglied der Ton Steine Scherben Familie bezeichnen können, waren wieder auf der Bühne: Funky K. Götzner am Schlagzeug (siehe das alte Foto vom Abschiedskonzert der Scherben in Hannover), Kai Sichtermann am Bass, Angie Olbrich und Nikel Pallat (Gesang und Percussion), Jörg Schlotterer (Chor und Querflöte), Lisa Jane Olbrich (Gesang), Marius del Mestre (Gesang und Rhythmusgitarre), Captain Hynding (Leadgitarre), Martin Paul (Keyboards; siehe das folgende alte Foto).

Es begann mit politischen Liedern. Kraftvolle Rockmusik mit Texten, die anklagen oder Hoffnung machen. Als das Publikum eingestimmt war, ging Jörg Schlotterer nach vorne ans Mikrophon und machte das Statement zur Geschichte der Scherben.

Die Scherben haben sich im Mai 1985 aufgelöst, aber diese politischen Kommune blieb im losen Kontakt oder wohnten zum Teil weiterhin gemeinsam in Fresenhagen. 2004 wurde schließlich beschlossen, dass die Ton Steine Scherben Family als Tourband entstehen sollte und im August 2004 wurde das erste Konzert vor Winnetous Garage und vielen nach Fresenhagen angereisten Fans gegeben.
Aus der Familie fehlen eigentlich nur drei Personen. Der viel zu früh verstorbene Rio Reiser, die ebenfalls verstorbene Britta Neander und der Leadgitarrist Lanrue, der weiterhin in Portugal lebt.
Die Scherben Family versteht sich explizit als eine politische Band. Jörg Schlotterer rief dazu auf, sich an den Protesten gegen den G8-Gipfel von Heiligendamm zu beteiligen.

Ton Steine Scherben Family schöpft aus dem reichen Fundus von Kompositionen der Scherben. Es sind entsprechend erdige Rocklieder oder Balladen. Marius del Mestre hat eine ähnlich verbrauchte Stimme wie Rio Reiser und damit die richtige Tonlage für die kraftvollen Rockmusik. Weichere Balladen wurden zum Teil von Angie Olbrecht gesungen.
Es freute mich ungemein, dass eine einige Stücke variiert oder besser interpretiert wurden. Ich meine mich zu erinnern, dass beim ersten Konzert im November 2005 ein Klassiker mit einem Reggae-Rhythmus gespielt wurde. Dies halte ich für den richtigen Ansatz, denn alleinige Werktreue würde diese Musik ersticken.
Viele Lieder waren bekannt und es tat so gut, diese wunderbaren Texte zusammen mit vielen anderen laut mitzusingen. Und dabei kam nie ein Gefühl von Sentimentalität auf. Die Texte sind weiterhin aktuell. Der Traum mag zwar aus sein, aber die Hoffnung auf politische Veränderungen wird nie vergehen.

Ich hab geträumt, der Winter wär vorbei,
du warst hier und wir war'n frei
und die Morgensonne schien.
Es gab keine Angst und nichts zu verlieren.
Es war Friede bei den Menschen und unter den Tieren.
Das war das Paradies.
Refrain:
Der Traum ist aus! Der Traum ist aus!
Aber ich werde alles geben, daß er Wirklichkeit wird.

Bis auf Lieder mit unmittelbaren Berlinbezug im Text (Mensch Meier) wurden fast alle Hits gespielt. Es tat so gut, endlich einmal wieder Der Traum ist aus, Der Turm stürzt ein, Halt Dich an Deiner Liebe fest, oder Menschenjäger, zu hören.

Gibt es ein Land auf der Erde,
wo der Traum Wirklichkeit ist?
Ich weiß es wirklich nicht.
Ich weiß nur eins und da bin ich sicher,
dieses Land ist es nicht. Dieses Land ist es nicht.
(Der Traum ist aus, 1972 - vollständiger Text hier)

Mehrmals lag der Geruch von Gras in der Luft und einmal umwehte eine Person ein Wolke von Patchuli. Da hatte eine Person in den frühen 80-er Jahre diesen Geruch für sich entdeckt und behalten. Ist das der Geruch dieser Zeit und Generation so wie das Kölnisch Wasser für die Nachkriegszeit und -generation. Das Publikum ist mit der Scherben Family gealtert. Viele graue Schöpfe waren zu sehen. Doch diese „Alten“ waren zum Teil auch mit ihren Kindern im Konzert. Nur das die Kinder (wie Lisa Jane Olbrich auf der Bühne) selbst schon seit Jahren erwachsen waren.

Uns gelang es, mehrere Zugaben zu erhalten und es war ein schönes Konzert, dass nur einen Makel hatte. War es der Veranstalter, war es das Capitol oder war es die Band, die für einen regulären Eintrittspreis von €31,00 verantwortlich war? Für Menschen, die zum Präkariat gehören, ist dies prohibitiv. Wenn ich nicht eine Freikarte bei Radio Flora gewonnen hätte, hätte ich nicht zu diesem Konzert erscheinen können.
Habe im Januar bereits über den Rio Reiser Abend in Hannover geschrieben.

Sonntag, 4. Februar 2007

Zitat Monty Python 1.1

wir schalten um zur Werbung für ein verbessertes Produkt:
containing 10% more less,
oder auf Deutsch
mit zehn Prozent mehr Weniger
(Monty Python’s Flying Circus, 1. Serie, 1. Folge, Kanada, was nun?, 1969, Deutsch von Sven Böttcher)

Samstag, 3. Februar 2007

Siesta Key und sein Umland

Aus dem Reisetagebuch vom 5. Februar 2005

Ein ruhiger Tag. Am Vormittag machte ich mich bei erfrischenden Temperaturen mit einem Fahrrad auf den Weg zur Südspitze von Siesta Key. Es ist eine lange Insel. Das Haus der Gastgeber befindet sich im oberen Viertel und ich fuhr etwa acht Kilometer an bebauten Grundstuecken entlang. Hier stehen an der Küste so genannte Condo’s (=Condominiums; Appartmenthäuser als Wintersitz oder als Mieteinheit) mit vier bis zehn Etagen. Aber nach etwa drei Kilometer wurde die Strasse schmaler und es begannen Einzelhäuser. Deutlich sind die "alten" Eingeschossigen mit oftmals einem großen Holzanteil von den "neuen", aufgebockten Häusern mit 2-3 Etagen zu unterscheiden. Nach dem aktuellen, lokalen Baurecht, darf kein Wohnbereich im Erdgeschoss sein, da eine realistische Wahrscheinlichkeit einer Überflutung auf diesen Inseln besteht.
Es kam zuletzt zu Überflutungen während der Hurrikan-Saison. Im letzten Jahr zog der grosse Hurrikan nur wenige Dutzend Kilometer entfernt über das Land. In den „gefährdeten“ Regionen gehört zum Wind auch eine 2-5m höher auflaufende Flut. Mit wurde erzählt, dass nunmehr auch Betonsäulen die Neubauten in der Dühne (denn daraus bestehen diese der Küste vorgelagerten Inseln) verankern.
Was ich recht und links sehen konnte, beeindruckte mich selten. Es gibt eine Neigung seinen Reichtum deutlich zu zeigen. Bestimmten Autos ist anzusehen, dass sie deutlich mehr als 100.000 Währungseinheiten gekostet haben und bestimmten (der Mehrzahl der neuen) Häuser ist eben anzusehen, dass sie deutlich mehr als eine Million gekostet haben. Hier werden die Hauspreise bekannt, da viele Häuser nur als Investment entstehen und dann auf den Markt kommen. Am Turtle Beach Park endete der reguläre Weg und ich schob mein Fahrrad durch den tiefen, einsamen Strand. Ich blickte einmal mehr auf den Golf. Leider gibt es keine grossen Wellen. Der Golf erinnert mich in seinen Bewegungen an die Ostsee, die Farbe ist halt anders und exotische Muscheln liegen am Strand. Vor meiner Rückfahrt hörte ich den Krach von mehreren Voegeln in einer kleinen Gruppe von Kokospalmen. Es waren grüne Papageien, leider sah ich sie erst beim Wegfliegen, denn in den Palmen waren sie gut versteckt.

Der Schwiegersohn meiner Gastgeber hat als Makler eine Übersicht über die aktuellen Preise und auf einer nachmittaglichen Fahrt wurde ständig erwähnt, was einzelne Bauten kosten. Sehr viele Häusern liegen (inkl. Grundstück) in einer Klasse um die 5 Millionen. Doch wen sollte dies wundern. Nach den aktuellen Angaben der Steuerbehörde leben mehr als 10.000 Personen in Sarasota County, die über mehr als eine Million Dollar verfügen und davon haben mehr als 1.000 sogar mehr als 10 Millionen. Bei dem Thema der "Reichen und der noch Reicheren" kocht das Blut meiner Gastgeberin. Meine Gastgeber unternahmen mit mir eine weitere Tour. Wir fuhren über die südliche Stickney Point Bridge aufs Festland und auf der Route 41 nach Süden. Elsie wollte mich einem Bekannten vorstellen, der in einem Trailer Park lebt. Die Person war nicht anwesend und wir fuhren weiter zum Zugang der südlicheren Insel Casey Key. Hier im Venice County gibt es eine weitere Kolonie der "rich and famous". Sie war einmal mehr frustriert, als ich ausdrückte, dass mich die Häuser links und rechts wenig beeindrucken. Sie wollte schon verärgert umkehren, aber in diesen Wohnbereich war die Strasse so schmal, dass dies fast unmöglich war und ich konnte sie überzeugen, dass ich diese Fahrt trotzdem interessant finde. Und es gibt auch einzelne, schöne Häuser zwischen den Hässlichkeiten mit kitschigen Statuen vor den Häusern und Säulen im Eingangsbereich. Es gibt Häuser mit Stil. Es kratzt mich natürlich wenig, was zur Zeit modern ist in der Welt der Architektur, aber der oftmals zu beobachtende Mischmasch, der einfach nicht zusammenpasste war so grauenhaft, dass ich meinen Blick abwenden musste.
Unsere Tour endete zunächst an einem öffentlichen Strand. Wir gingen runter an den Strand und begannen Muscheln zu sammeln und uns dabei angenehm zu unterhalten. Da der Gastgeber beim Auto blieb, beendeten wir diese Plauderei nach weniger als einer halben Stunde und es ging weiter in den Süden bis zum Hafen in Nokomis Beach.
Drei Sheriffs (echt !) auf Mountainbikes fuhren hier Patrouille mit Waffen und den ganzen anderen gefährlichen Trulla am Gürtel. Wir gingen auf einen Buhne, die in den Golf führte. Es war zu sehen, dass ein schöner Sonnenuntergang zu erwarten war. Ich stand schließlich mit dem Gastgeber für mehr als eine halbe Stunde am Strand. Es war ein angenehmes Gespräch und schliesslich ging die Sonne in einer Wolkenbank unter.

Ein schöner Tag in Florida ist manchmal so einfach zu haben.