Freitag, 31. August 2007

Evaluitis

Einige Erkenntnisse aus einer Fortbildung.

Evaluation ist en vogue. Es gab und gibt bestimmt die Notwendigkeit Projekte, Programme und Institutionen, die öffentliche Mittel erhalten, regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob sie die ihnen zugesprochenen Mittel zweckgebunden und rational verwenden. Dafür gibt es verschiedene Methoden. Auf der Ebene der Finanzen ist dies relativ einfach möglich. Finanzpläne und Monitoring sollten eine kontinuierliche Übersicht über den Mittelfluss ermöglichen, so dass Fehlentwicklungen rechtzeitig erkannt und gestoppt werden können. Doch wie ist es mit den Zielen eines Projektes, Programms oder einer Institution? Dies kann und sollte in einer Evaluation überprüft werden.

Doch gibt es ein Missverhältnis zwischen den Wunsch nach Evaluationen von externen Führungskräften (Beiräte, Politiker, Geldgeber) und der Vielzahl von in ihren jeweiligen Sektor funktionierenden Programmen und Projekten. Hier setzt die Kritik ein, die von einer Krankheit der Evaluitis (FREY 2006) spricht.
Es wird alles evaluiert, für alles werden Ziele und Programme zur Erreichung dieser Ziele definiert, es werden Indikatoren gesucht und ausgewählt und sehr viel Arbeitszeit und vor allem Geld darauf verwendet, alle Programme und Projekte rationaler zu gestalten. Dies ist vermutlich ein Ausfluss der zunehmenden Durchdringung aller Lebensbereiche durch die Scheinrationalität der Ökonomie. Wie lässt sich ein kulturelles Projekt oder ein Projekt im Mischbereich von Bildung, Kultur und Politik (EK!) evaluieren?

Es gibt andere Möglichkeiten, die gerade von kleinen Projekten selbstverständlich praktiziert werden. Finanzpläne und die regelmäßige Berichterstattung über die Veränderungen im Plan oder schließlich die durch Quittungen belegten realen Ausgaben sind Pflicht. Regelmäßige Gespräche mit den in einem Projekt beteiligten Personen als Vertreter von Institutionen sollten selbstverständlich sein. Genauso wie das Einfordern von Feedbacks und die folgende Auswertung und mögliche Anpassung eines Projekts oder Programms.
Evaluationen werden auch missbraucht. Führungskräfte fordern eine externe Evaluation, um ihre bereits beschlossene Befristung eines Programms rational zu begründen. Jede gute Evaluation sollte auch Schwachstellen, Probleme und Risiken aufzeigen. Interessanterweise werden Evaluationen, die aus einer Institution heraus extern oder intern organisiert werden und viele Probleme besonders bei etablierten Programmen aufzeigen, oftmals nicht umgesetzt.
Auf einer aktuell besuchten Fachtagung der Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel (in Kooperation mit der Kulturpolitischen Gesellschaft) wurden von kommunalen Spitzenvertretern (keine Politiker, sondern Verwaltungsspitzen) mehrere Beispiele vorgeführt, die zeigen, dass die etablierten Programme zumindest eines mit Perfektion beherrschen: Die Inszenierung ihrer Notwendigkeit in den Medien und effektive Lobbyarbeit gegenüber den politischen Entscheidungsträgern, die selbst bei konstruktiver Kritik an überholten Institutionen und Programmen, diese nicht umstrukturieren oder auslaufen lassen.

Gerade dieser Missbrauch der Evaluation hat diesem eigentlich sinnvollen System der Bewertung einen zweifelhaften Ruf beschert.

- - - - - Literaturtipp:
FREY, Bruno S. 2006 :Evaluitis – Eine neue Krankheit. Institut für empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich, Working Paper Series No. 293, 18pp.

Donnerstag, 30. August 2007

Jugendgästehaus Wolfenbüttel

Gestern Nacht habe ich das Jugendgästehaus Wolfenbüttel genutzt und möchte diese einfache und billige Unterkunft auf dem Niveau einer guten Jugendherberge empfehlen.
Das Jugendgästehaus liegt etwa 10 Minuten Fussweg vom Bibliotheksquartier entfernt und bietet für Gäste, die von der Bundesakademie oder vom AVH angemeldet werden, die (nicht garantierte) Chance auf ein Einzelzimmer. Aktuell kostet eine Übernachtung mit einem reichhaltigem Frühstück €16,50 plus €2,00 für Bettwäsche. Gasthäuser und einfache Hotels kosten €25,00 bis 53,00 für eine Nacht und die vier besseren Hotels nehmen €50,00 bis €114,00.

Der einzige Nachteil liegt in der direkten Nähe zur Bahnlinie von und nach Braunschweig begründet. Ich hatte ein Zimmer nach hinten zum Seeliger-Park hinaus, aber jede der Regionalbahnen donnerte vorbei und führte am Morgen zu einen unruhigen Schlaf, der immer wieder von den beschleunigenden Zügen nach Braunschweig gestört wurde.

Doch wenn es nur darum geht 1-2 Nächte in der Stadt zu bleiben, ist dies ein presigünstige Alternative.

Dienstag, 28. August 2007

Bänker der Sparkasse Hannover

Jemand brauchte dringend eine größere Summe Bargeld, kam aber nicht an sein Konto. Als Freundschaftsdienst holte ich die gewünschte Summe von meinem Konto. Das Geld übergab ich zusammen mit meinem Sparbuch der Sparkasse Hannover, so dass die Rückzahlung ohne einen weiteren Gang zur Bank erfolgen könnte.

Gestern wurde nun das Geld zurückgezahlt. Das Geld verließ ein Konto und wurde virtuell auf mein (Spar-) Konto eingetragen. Der dumme Bänker am Schalter konnte diese Gutschrift aber nicht ins Sparbuch eintragen, da eine Überweisung selbst im eigenen Haus mehrere Tage dauert. Wenn das Geld stattdessen bar ausgezahlt worden wäre und dann bar auf mein Sparbuch eingezahlt worden wäre, dann hätte es einen sofortigen Eintrag gegeben und der Vorgang wäre abgeschlossen. Nun ist stattdessen in einigen Tagen ein weiterer Gang zur Sparkasse Hannover notwendig, damit die Summe auch in meinem Sparbuch erscheint.

Dumme Bänker in der Sparkasse Hannover, die immer noch nicht begriffen haben, was Kundenfreundlichkeit bedeutet.

Sonntag, 26. August 2007

Barcelona, Gaudi und die Architektur

Das touristische Barcelona hat einen Schwerpunkt um die Bauten, die Antoni Gaudí i Cornet (1852-1926) in der Stadt hinterlassen hat. Das Bauwerk Temple Expiatori de la Sagrada Família wird sogar als eines der Wahrzeichen der Metropole bezeichnet.
An drei Tagen habe ich die Architektur der Stadt genossen.
Barcelona, Temple Expiatori de la Sagrada FamíliaAls Gruppe waren wir zur Kirche gefahren. Dieser Baustil war für mich vor allen lustig. Es gibt schpon merkwürdige formen seinen Glauben auszudrücken. Rund um die Kirche schoben sich Busladungen von Reisenden. Mehrmals sah ich Menschen in diesen Gruppen mit leeren, müden Blick. Die hatten scheinbar eine Tour gemietet und die Stunden wurden immer länger.

Unser nächstes Ziel war der Park Güell etwa 1,5km weiter im Nordosten. Da der Weg dorthin nur hangaufwärts geht, entschied sich die Mehrheit für eine Fahrt mit den ÖPNV zum Park. Damit war ich plötzlich alleine und ging durch die Straßen hinauf. Die Menschenmassen waren nach zwei Kreuzungen verschwunden und es war offensichtlich Siesta, da in vielen Straßen kein Mensch außer mir unterwegs war.

Neben der allgemeinen hohen Wohnbebauung gab es dort auch kleine Kostbarkeiten.


Wider Erwarten war ich vor der Gruppe im Park. Die mussten halt zur Station, dort auf eine Bahn warten, ann einer Station durch die vielen hundert Meter Gang zu einer anderen Linie wechseln, dort wieder auf eine Bahn warten und schließlich mehr als 500m vom Park entfernt aus der Station zu steigen.
Wie vor mir Millionen andere machte ich von der zentralen Plattform mehrere Bilder von der Stadt. Vier Bilder habe ich digital verknüpft zur folgenden größeren Sicht:
(Das Bild ist sehr groß. ein Klick und die volle Pracht entfaltet sich)

Der Zuckerbäckerstil von Gaudi ist sehr deutlich bei den beiden Häusern im Vordergrund zu sehen.
Ein Kiosk in einer Nebenstraße versorgte uns mit erfrischenden Obst. Es gab auch andere Erfrischungen, die dazu führten, dass schließlich zwei ziemlich durchnässt waren.

Auf unserem Weg zur Passeig de Gràcia, wo wir zum Abschluss noch ein Gaudi-Haus ansteuern wollten, führte ich die Gruppe im Zickzack durch den Stadtteil Gràcia. Mir waren die Jugendstilhäuser in der Gran de Gràcia empfohlen wurden.
Und es war wirklich nicht zu viel versprochen. Leider waren einige in der Gruppe müde und so blieb für mich nur die Gewissheit, dass bereits alleine für diese Straße ich noch ein weiteres Mal nach Barcelona reisen werde.
Zum Abschluss unserer Tour waren noch einmal zwei Gebäude von Gaudi zu sehen. Mein Blick sucht dann das Andere und auf diesen Ausschnitt ist es gerade die kitschige Puderdose, die am linken Bildrand über den Dächer steht. Funktionalität war bei deisen Gebäudeteil bestimmt kein Kriterium.


Samstag, 25. August 2007

Film: Harry Potter und der Orden des Phönix

Es gibt Filme, die überzeugen von der Umsetzung oder Neugestaltung einer Story und Filme, die überzeugen von ihren Bildern. Leider trifft beides nicht auf diesen nunmehr fünften Harry Potter Film zu. Ich möchte nur einige persönliche Anmerkungen machen, da es alleine auf Deutsch hunderte von Filmkritiken gibt.

Die Teilgeschichte des umfangreichsten Buch dieser Septologie musste um viele Elemente gekürzt werden, damit eine Filmlänge von immer noch deutlich über zwei Stunden nicht weit überschritten wird. Die Kürzungen sind hart und einzelne Sequenzen stehen nur durch das Wissen des Romans miteinander in klarer Verbindung. Die Werbeaufnahmen von London (gleich zweimal fliegen Protagonisten entlang der nächtlichen Skyline von London) sind einfach nur eine Verschwendung von Filmmaterial und in der Umsetzung weit hinter den Stand der Technik. Wenn ein Objekt oder hier ein gerittener Besen mit hoher Geschwindigkeit sich knapp über den Wasser bewegt, sollte der Luftwiderstand Sputen auf der Wasseroberfläche hinterlassen. Der rasante Fahrwind hinterlässt ja auch Spuren in Gesicht und Haaren. Auch ist es unlogisch, dass beim Entfalten des HQ des Phönixordens zwar ein Höllenlärm und heftige Erschütterungen im Aquarium des benachbarten Hauses zu erkennen ist, aber die Leute noch nicht einmal vom TV aufsehen. So rumpelig ist dann doch nicht die Tube.

Was die Produktsfirma geritten hat, einen TV-Regisseur für diesen Kinofilm auszuwählen, wird wohl immer ein Rätsel bleiben. Für David Yates scheint die Ausweitung des Spielraumes einer Leinwand vor allem für manchmal schon trashig anmutende Aktionsszenen zu nutzen. Dass die Leinwand erlaubt, wirksame Massenszenen und interessante Totalen zu erzeugen, wo die Akteure nur noch Miniaturen in einem großen Bild sind, wird nur angedeutet. Dies wird der erste Potter-Film sein, der auch auf dem Bildschirm funktioniert. Vielleicht stammt diese Idee auch mal wieder von bescheuerten Betriebswirtschaftlern, die erkannt, haben, dass mehr Geld mit der späteren DVD und den Fernsehrechten zu verdienen ist, als mit dem Kino.

Was beim Lesen der Romane schon nervt, wird im Film besonders ausgeweitet. Harry Potter muss wieder seine Einsamkeit betonen und mühsam lernen, dass seine Freunde sein größter Schatz und Schutz sind. Die Lehrerinnen und Lehrer in Hogwarts lernen auch nichts aus dem Verhalten der Schülerinnen und Schüler. Die Entwicklungsdynamik liegt alleine um Harry Potter, der dann im nächsten Band wieder die gleichen Fehler machen wird.

Die Krise der Pubertät, die ein unterschweliiges Thema dieses Bandes ist, wird viel zu wenig thematisiert.

Ich gebe den Film 6 von 10 Punkten meiner persönlichen Filmbewertungsskala.

Siehe auch: Siehe auch:

Montag, 20. August 2007

Wetter in Barcelona

Von "erfahrenden" Reisenden wurde ich vor meiner Abreise gewarnt. Es sei doch Wahnsinn gerade im August nach Barcelona zu fahren. Da würde sich die Stadt auf 40° Celsius und mehr erhitzen, bla, bla, bla.

Als wenn diese Reiseplanung irgend etwas mit den Wetteraussichten zu tun hatte. Die folgende Graphik zeigt die gemessenen Temperaturen für die Stadt Barcelona. Diese Werte wurden am Flughafen registriert. Selbst wenn ein Zuschlag von 2-5 Grad für die Innenstadt genommen wird, waren es während meines Aufenthaltes nur wenig über 30° im Schatten. Der Schweiß lief dennoch, da unsere Wege lang waren.

Der Höhenzug der Cordillera Costera schien eine Wettergrenze zu. Oft standen für viele Stunden dichte Wolken im Nordwesten. Zweimal kam es zu heftigem Starkregen, der als Torrente von den Hängen abfloss und die Kanalisation überflutete.
Auf den Islas Canarias haben ich Barrancos gesehen, die sich in die Hänge der Vulkankegel geschnitten hatten. Auch im Umland von Barcelona gibt es diese steil abfallenden, aber viel kleineren Täler, durch die Regenfluten abfließen. Wenn so ein Bach eine Ortschaft wie Premià de Dalt durchfließt, so ist er heute unter die Straße gezwungen. Im Fall eines Starkregens reicht die Kapazität dieses Kanals nicht aus. In der Nacht vor meiner Anreise kamen am Flughafen Barcelona 45 mm Regen herunter, der Kanal wurde in Premià de Dalt geflutet, ertränkte viele Ratten und spülte Ratten, Sand und Zweige der Nadelbäume auf die Straßen und auf den Strand. Mit wurde erzählt, dass am Strand alle paar Meter eine angespülte ertrunkene Ratte lag. Auf meinen Weg vom Bahnhof zur Unterkunft waren auf den Straßen noch Spuren der Erosion zu sehen.


Am Abend des 12. August, als ich mich eigentlich auf den Sternschnuppenschwarm der Perseiden in einer Neumondnacht gefreut hatte, ging ein heftiges Gewitter mit Starkregen nieder. Gegen Mitternacht war das Spektakel zu Ende und wir gingen hinaus. Auf der Riera de Premià de Mar waren an jedem Hindernis
Sand 5 bis 10 cm hoch angespült und darüber und an den Seiten weiter 10 cm Zweige, Blätter und Nadeln zu finden. Es hatte hier keine Zerstörungen gegeben, aber wir waren ausdrücklich davor gewarnt wurden, bei diesem Wetter die Straßen zu verlassen und in die Berge zu gehen, wo wir am Tag einen idealen Platz für die Sternschnuppennacht gesucht und gefunden hatten. Wir lagen schließlich mit spanischen Landwein (rot) auf dem Wassertank der Gemeinde. Jede und jeder von uns hat bestimmt zehn oder mehr Sternschnuppen gesehen. Dabei waren sogar einige der Extraklasse mit einer langen Zugbahn.

Sonntag, 19. August 2007

Schönes Barcelona

Die Schönheit einer Stadt erschließt sich erst vollständig auf den zweiten Blick, also wenn Orte, Straßen, Plätze, Häuser ein zweites Mal besucht werden. Doch es gibt auch Städte, die sofort ihren Charme, ihre Sammlung von Kuriosa, Formen und Farben zeigen, die den Blick verweilen lassen. Dann kommen noch akustische und olfaktorische Reize hinzu und es bleibt nur noch die Festsstellung: Barcelona ist schön!

Als ich mit S.R. [keine Abkürzung für einen akademischen oder sonstigen Titel, sondern einer der Richters aus Helsinki von dem auch alle Fotos stammen] von der Estació de França beginnend durch die Gassen der Stadtvietel La Ribera und Barri Gòtic spazierte, war die Vielfalt der Häuser und ihrer Verzierungen eine Augenweide. Immer wieder waren Figuren, Symbole oder Inschriften zu finden und oftmals begann ein mehr oder minder qualifiziertes Raten, was wir da vor uns sahen.
In diesem Viertel fanden sich auch Gebäude der letzten 50 Jahre, die glücklicherweise nicht durch Historismus glänzten, denn welchen Stil sollten sie auch nachäffen: Gotik, Renaissance, Barock? Es ist gerade diese Vielfalt, die gemeinsam ergraute Geschichte der Häuser, die das Interesse auf jede weitere Straße weckte.

Waren wir zu früh oder waren die Straßen im Südosten nicht in den üblichen Städteführern verzeichnet? Es waren erstaunlich wenig Menschen unterwegs und manchmal waren wir in einer dieser dunklen, engen Gassen auch alleine. Erst als wir die Via Laietana überquerten und uns dem Plaça de Catalunya näherten tauchten Reisegruppen auf.

Europa-Kolleg 2006 in Barcelona

Sieben von zwanzig (und icke) hatten sich aus Mainz, Helsinki, Toulouse, Bukarest, Karlsruhe, Lissabon und
Hannover eingefunden. Wir lebten für eine Woche in einem Reihenhaus etwa zwanzig Kilometer Bahnfahrt im Nordosten vom Stadtzentrum. Es gab viel Platz und es hätten auch mehr Gäste kommen können. Eine große Garage, ein dahinter liegender Raum, zwei Gästezimmer in der 1. Etage und ein großes ausgebautes Dachgeschoss standen zur Verfügung. Zwei Duschen und drei Toiletten führten selbst bei kurzfristig bis zu zwölf Personen nur selten zum Stau. Der Organisator und seine Mutter waren wunderbare Gastgeber und gaben uns alle Freiheit im Haus. Ein reichhaltiges Frühstück eröffnete die Tage und abends gab es stets in mehreren Gängen Spezialitäten. Im Nachhinein kommen Zweifel auf, ob wir genügend Essensgeld bezahlt haben.

(EK06-BCN: Das inoffizielle Gruppenfoto)

Ein Jahr ist in der Adoleszenz eine längere Zeit als für einen Menschen wie mich. Abitur und Studienbeginn ändern für die Ek'ler das gesamte bisherige Leben. Es gab viel zu erzählen und es war nicht nur ein sentimentales Schwärmen über die letztjährigen zwei Wochen in der Mühle und der Bibliothek.
Viele standen und stehen in einer regelmäßigen Kommunikation. Rhetorisch wäre zu fragen, ob bereits vor E-Mail (späte 1980-er), SMS (1990-er) und Chat (um 2000) internationale Kontakte so intensiv und kostengünstig gepflegt wurden konnten.

Studienwünsche wurden seitdem konkretisiert, überdacht und in einem Fall das Studienfach erfreulicherweise gewechselt. Zu viele Universitätsstudien verkommen zu reinen Berufsausbildungen. Wissenschaft und persönliche Entwicklung werden marginalisiert und da ist es erfrischend, zu hören, dass einer von einem konkretem zu einen theoretischen Studienfach wechselt.

Es gab auch Spannungen in dieser Woche, aber das ist wohl normal, zumal in einer Hausgemeinschaft, die aus zehn Personen besteht. Deshalb ist dies hier auch nur am Rande erwähnt.

Die Gespräche auf den langen Weg zum Bahnhof, den Fahrten in die Stadt, den Spaziergängen und rund um das Haus in Premià de Dalt waren mehr als angenehm. Im Europa-Kolleg versammeln sich ungewöhnlich begabte junge Europäerinnen und Europäer und so kann es nie langweilig werden. Ich hoffe, dass es allen anderen auch gelungen ist, daneben auch Erholung zu verspüren.

Night Swimming

Nightswimming,
Remembering that night.
September's coming soon.
I'm pining for the moon.
And what if there were two
Side by side in orbit
Around the fairest sun?
That bright, tight forever drum
Could not describe
Nightswimming.
(Michael Stipe - R.E.M. (1992) Automatic For The People "Night Swimming")

Wir gingen zu später Stunde von Premià de Dalt (Premià in der Höhe) hinunter nach Premià de Mar (... am Meer). Am Ende der Carretera de Vilassar Dalt unterquerten wir Küstenschnellstraße (Cami de Ral) und Bahnlinie und standen am Strand, der hier etwa fünfzig Meter breit war. Auf der hohen Kante des Ufers standen immer wieder Angler in kleinen Gruppen. Sie waren deutlich zu erkennen, da Sie an den spitzen ihrer Angeln kleine Leuchtkörper befestigt hatten.
Wir wichen einer Gruppe von drei Anglern aus und gingen nachdem die Anglers in einer unverständlichen Sprache aber mit unmissverständlichen Gesten uns von ihren Haken und Schwimmern weg dirigiert hatten, neben einigen Felsen ins Wasser.

Ich war das erste Mal am Mittelmeer und war erstaunt über die Wellen, die deutlich größer als zum Beispiel an der deutschen Nordsee waren. Es ging zunächst sehr plötzlich auf Knietiefe und die brandenden Wellen schlugen bis über die Badehose. Angstfreiere gingen als erste hinter die allgemeine Brandung und plantschten dort. Ich folgte auch; meine Angst vor tiefen, unbekannten Wasser immer latent dabei. Hier hoben die Wellen einen bereits hoch und in dieser Metertiefe zog es einen vor jeder neuen Gruppe von Wellen stets ein wenig ins Meer. Es schien zusätzlich noch eine leichte Drift zu bestehen, die einen nach Nordosten führte.
Ohne Brille sah ich wenig. Die anderen waren individuell zu erkennen und selbst die größeren Sterne und Lichter von Booten konnte ich noch sehen. Zwei Mal sah ich eine Sternschnuppe der Perseiden von Nordosten nach Südosten aufflammen.

Auf dem Wasser liegend, die Füße Richtung Meer sah ich die größeren Wellen immer erst Sekunden bevor sie mich anhoben. Nur zweimal kam eine besonders große Welle, die dann bereits auch vor uns zu brechen begann und eine Schwimmbewegung erforderte. Der Wellenkamm war bestimmt zwei Meter hoch.
Besonders interessant waren aber die Wellen, die von ihren Vorläufern aufgehoben wurden. Gerade die großen Wellen rollten als Echo vom Strand zurück ins Meer und eine sich aufbauende Welle wurde dann plötzlich nivelliert.

Es war eine laue Sommernacht und wir blieben bestimmt noch eine weitere Stunde bis wir über den Umweg über zwei Kinderspielplätze die 2.500 Meter wieder zurück nach oben spazierten.

Barcelona - Gang durch die Innenstadt

Nach einem späten Frühstück fuhren wir mit dem Zug in die Innenstadt von Barcelona. Verschiedene Interessen spalteten uns schnell in drei Gruppen, die sich hinter der Metro Station Maria Cristina in drei Richtungen aufmachten.
Damit wir uns nicht verlaufen, machte Stefan eine Aufnahme von einem Buslinienplan. Das Sichtfenster seiner Digitalkamera ist relativ groß und mit wenig Aufwand konnten Ausschnitte des Bildes vergrößert werden. An der Av. Diagonal und den später gewählten Straßen waren viele interessante Gebäude zu sehen.
Hier ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie GlobalPlayer mit ihrer Werbung den Anblick eines Platzes ruinieren.
Telefonisch war ein Treffen der gesamten Gruppe am nördlichen Eingang der Metro Station Liceu auf den Las Ramblas vereinbart. Als ich die Menschenmassen ab dem Plaça de Catalunya sah, hatte ich zunächst meine Zweifel, doch die präzise Angabe führte uns wieder zusammen. Für mich waren auf der La Rambla unangenehm viele Menschen und so genannte Künstler. Was ist heute noch daran interessant, in der Öffentlichkeit mit gefärbter Haut und passenden Kostüm still zu stehen? Ich sah mindestens ein Dutzend Beispiele in dieser Fußgängerzone und dann gab es verschiedene Gruppen die rhythmische Gymnastik als Bruchtanz zeigten. Bei letzterem war sofort deutlich, dass es vor allem auch stets um Testosteron geht. Muskulöse Jungmänner - von ihrer Schönheit überzeugt - paradierten viele Minuten zwischen ihren sportlichen Einsätzen auf den frei gehaltenen Plätzen. Da kommt natürlich die Frage auf, ob es irgend etwas gab, was mich interessierte. Dies ist nicht so leicht zu beantworten. Um so weiter wir uns den Hafen näherten, um so mehr Menschen waren auf diesem sehr breiten Boulevard unterwegs. Wenn eine Gruppe zu einem Ende kam, wurde bereits in der nächsten Gruppe marktschreierisch der Beginn der nächsten Attraktion angekündigt. In einem dichten Knäuel wanderten Hunderte von Besucher weiter und schnell standen sie in 3-4-5 dichten Reihen um das Spektakel. Es muss dies ein Paradies für Taschendiebe sein. Mit Interesse sah ich einen Hütchenspieler zu. Es war wie im Lehrbuch. Er nutzte eine Kartonunterlage und hantierte mit drei rechteckigen Schachteln. Schnell waren mehr als ein Dutzend Interessiert um den Spieler herum. Es ging alles sehr schnell und die Zahl der Zuschauenden nahm zu. Ich sah, dass eine Person Münzen auf die vermutete Position der zu suchenden Kugel setzte. Ich wechselte ein Wort mit einem aus der Gruppe und als ich das nächste Mal zum Hütchenspieler blickte, war dieser verschwunden. Es ist ein flüchtiges Glücksspiel. Fünfhundert Meter weiter auf den Las Ramblas sah ich den Handkünstler wieder in Aktion. Hat er Kumpane (ich vermute ja) und wie viele. Einer wird wahrscheinlich die Spiellust anfüttern und als erster auch mal einen Geldschein verspielen. und mindestens eine weitere Person steht bestimmt Schmiere. Der Ruf POLICIA führte zum Verschwinden des Trickbetrügers in der Menge. Wahrscheinlich finden sich stets wieder neue Spieler, weil es einen Kick gibt, an einem illegalen Spiel teil zu haben und eine gewisse Chance besteht, in den ersten Runden auch etwas zu gewinnen. Von der Wahrscheinlichkeit steht es 1/3 zu 2/3 für den Geld setzenden Spieler. Der Betrug basiert darauf, die Kugel verschwinden zu lassen und sie in einer Schachtel wieder erscheinen zu lassen, auf die nicht gezeigt wird. Die Schachteln haben die Größe von Streichholzschachteln und die helle Kugel hat vielleicht einen Durchmesser von einem Zentimeter. Bereits ein Metallkern und ein Magnet an einem Ringfinger würden die Kugel entführen. die schnellen offensichtlichen Bewegungen konzentrieren den Blick dahin, wo es der Trickbetrüger wünscht. Vielleicht finden sich immer wieder Spieler, weil sie alles Vorgenannte zu wissen meinen und die Selbstsicherheit verspüren, mögliche Tricks zu bemerken und den Trickser auszutricksen. Was für ein Irrtum: Wenn das Publikum und die Mitspieler eine wie auch immer begründete Gewinnchance hätte, dann würde der Trickbetrüger und seine Kumpane nicht das Risiko eingehen, dieses illegale Spiel anzubieten.
(Dieses und alle anderen Fotos wurden von S. Richter aufgenommen)
Am Ende versammelten wir uns alle unter einen prächtigen Baum am Rande der Plaça del Portal de la Pau, der mich vom Blütenstand und der Blattform an eine Unterart eines Mangobaum erinnerte. Halt Stop. Eine sammelte sich auf dem Baum. Ein schöner Tag in der Innenstadt von Barcelona ging schließlich am Hafen (Port Vell) zu Ende. Ich denke jedeR von uns, hat einige schöne Erinnerungsbilder im Kopf gespeichert.

Reiseplanung und Bahnstreik

Im letzten Jahr habe ich bei Fahrten mit der Bahn so viele Bonuspunkte gesammelt, dass meine Hin- und Rückreise zum Flughafen Köln-Bonn mit einem Freifahrschein erfolgte. Seit Wochen schwebte das Schwert eines Streiks der Lokführer über der Reiseplanung für Barcelona. Als ich wenige Tage vor dem Abflug mit meinem Gutschein zum Schalter in Hannover ging, war seit zwei Tagen klar, dass genau an meinem Reisetag, der Streik beginnen sollte. Der Reisegutschein der Bahn war für mich unerwartet mit Zugbindung versehen. Plötzlich musste ich am Schalter entscheiden, wie ich die Streikgefahr minimiere und entschied mich dafür, dass ich eine Direktverbindung mit einem ICE wähle, die mir Verspätungen von zwei oder drei Stunden erlauben würde, ohne dass ich den Flug verpasse.
Nun wurde der Streik vom Arbeitsgericht untersagt und ich jubelte nicht. Es gibt nur wenige Gebäude, die noch anonymer und kälter sind als internationale Flughäfen und ich musste fast fünf Stunden an diesen merkwürdigen Nichtort verbringen.

Montag, 6. August 2007

Zitat Max Goldt – aktuelle Musik


Wer wegen der ärmlichen Medienlandschaft nie Gelegenheit hatte, gute Soul-Sänger zu hören, der wird nichts Anstößiges daran finden, wenn im Fernsehen bemitleidenswerten deutschen Vorstadtjugendlichen, die auf eine Weise, die man nur als hartnäckig, verbissen oder eisern bezeichnen kann, auswendig gelernte Blues- und Gospelphrasierungen herunterexerzieren wie eine unverstandene Schiller-Ballade, attestiert wird, sie hätten «wahnsinnige Soul-Stimmen». Wer das Original nicht kennt, vermisst nichts an der Kopie.(Max Goldt (2006) „Die Tomatenschelte“)
Als ich diese Zeilen las, musste ich an die so genannte Abschiedsfete des Europa-Kollegs denken. An einen großen Verstärker wurden nacheinander verschiedene I-Pods angeschlossen und Musik aus den Sammlungen der Teilnehmenden dieser Sommerschule abgespielt. Die überwiegende Mehrheit der Songs basierte auf bekannten Stücken der Popgeschichte der letzten etwa 30 Jahren. Diese Songs waren neu im Sinne von neu eingespielt und mit einfachem 4/4-Takt versehen. Nun konnte auch wirklich jede Person danach rhythmische Bewegungen machen und sich selbst als Tanzenden bezeichnen.
Es war übrigens egal, aus welchem Land der Teilnehmende kam, der seinen I-Pod an den Verstärker anschloss..

Die Musik war so erbärmlich, dass ich einmal mehr eine Ahnung davon bekam, warum bei Live-Konzerten von echten Musikern, das Publikum zunehmend aus anderen Musikern besteht. Musik ohne Ballermann-Feeling, wo eine Gruppe nicht mit Hey-Hoh-Gesängen die aktuellen Varianten von Ringelpietz abfeiern kann, scheint zurzeit marginalisiert zu sein. Auf Rechnern werden Musik-Dateien gesammelt und mit geringem Aufwand werden Klassiker den neuen Bedürfnissen der Primitivität angepasst.

Die Bedeutung des von mir fett gesetzten Satzes von Max Goldt wurde mir erstmals richtig bewusst, als The Fugees 1996 ihre Version von „Killing Me Softly With his Song“ von Norman Gimble und Charles Fox veröffentlichten und ich im Radio von einer anrufenden jungen Hörerin hören musste, dass sie das Original von den Fugees und nicht diese merkwürdige Version ohne Beat hören wollte. Sie bezog sich auf Roberta Flack, die diesen Song im Jahre 1973 berühmt machte.
Die Version der Fugees gefällt mir übrigens sehr gut und gefällt mir so gut wie die Interpretation von Roberta Flack.

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Ein weiteres Zitat von Max Goldt zum Thema hässlich