Freitag, 17. April 2009

Filmkritik – Knowing (2009)

Lust an der Zerstörung
Wie eine gute Idee ruiniert werden kann, zeigt dieser Film eindringlich. Die Geschichte ist schnell erzählt: An einer neuen Grundschule erhalten die Schülerinnen und Schüler im Unterricht die Aufgabe, Bilder der Zukunft in 50 Jahren zu malen. Diese Bilder werden in einer Röhre versiegelt und zum 50-jährigen Jubiläum der Schule an die aktuellen Schüler verteilt werden. Eine Schülerin malt nicht, sondern füllt das vorgegebene große Blatt mit nicht enden wollenden Zahlenreihen.
50 Jahre später setzt der Film wieder ein bei einem Kosmologen und seinem Sohn, die denn Unfalltod der Frau und Mutter nicht verarbeitet können. Der Kosmologe von der MIT redet vor seinen Studenten vom Gegensatz zwischen Determinismus (inkl. es gibt einen Gott) und der Zufälligkeit alles Geschehens, der er seit dem Tod seiner Frau anhängt. Der Sohn geht zu der erwähnten Grundschule und erhält von den 50 Jahre alten Dokumenten den Umschlag mit den Zahlenreihen, mit denen er nichts anfangen kann.
Der Vater lässt sich abends mal wieder mit Whisky volllaufen und schaut sich die Zahlen an und bleibt bei der Zahlenkette 0911012996 hängen und versucht darin einen Sinn zu finden. 09 / 11 / 01 2.996, also 11. September 2001 mit seinen 2.996 Opfern.
Die weitere Suche in den Zahlen zeigt, dass viele Zahlenreihen das Datum einer Katastrophe und die Zahl der Opfer angeben. Zwischen diesen Ereigniswerten bleiben einige unerklärliche Zahlen. Die Zahlenreihen weisen auch drei Katastrophen aus, die noch nicht stattgefunden haben, womit der Titel „Knowing“ das Dilemma der Hauptperson beschreibt, die weiß, aber nicht machen kann. Als bei der ersten angekündigten Katastrophe sich herausstellt, dass die bisher unverständlichen Zahlen auch noch den Längen- und Breitengrad des Ereignisses angeben, versucht er vergeblich das zweite Unglück zu verhindern. Der Sohn wird währenddessen als ein Mensch beschrieben, der Stimmen hört und der von ihm unbekannte Männer angesprochen wird.
Leider nehmen hier die Schwächen des Drehbuchs überhand und das Ende ist bombastisch und in seinen Bildern fast unerträglich.

Ich meine mit dieser Bemerkung nicht nur die ungebremste Lust, Katastrophen zu bebildern, also brennende oder zerquetschte Menschen weit über das Maß des Erträglichen zu zeigen, sondern die symbolischen Elemente. So haben die Aliens, die den Sohn retten, beim Aufsteigen einen Lichtschein um die Schultern, dass sie wie Engel wirken; oder die Idylle des neuen Planeten inklusive Getreidefeld und Lebensbaum, in den die Kinder ausgesetzt werden.

Der Film hat zu Beginn noch interessante Elemente (Kosmologie), und Nicholas Cage spielt mittelprächtig den Vater, driftet dann ab und landet beim US-Quark.
Doch entsetzt hat mich der totale Vertrauensverlust in die Bilder im Kopf. Die Katastrophen hätten auch viel kürzer dargestellt werden können. Wenn nach einem Flugzeugabsturz Menschen brennend aus dem Wrack flüchten, dann muss nicht über Minuten immer wieder ein anderer brennender Mensch gezeigt werden, in einem Fall sogar so lange bis er schließlich in einem Feuersee zusammenbricht und von den Flammen verschlungen wird. Oder brennendes Rotwild und anderes Wild, erst ein Tier, dann Gruppen und dann immer weiter. Oder wenn eine U-Bahn entgleist wird die Zerstörung bis zum Ende gezeigt. Ist der US-Kinobesucher so gewaltaffin oder zu blöd, um nach der ersten Gewaltszene, die Tragweite einer Katastrophe zu begreifen.

Vor allem die finale Katastrophe will einfach nicht enden. Man nehme die Hitzewaffe aus Independence Day (USA 1996, Roland Emmerich) und schneide alle Zerstörungsbilder hintereinander, das wäre dann wohl nur ein Teil der „EE“-Katastrophe, wie sie am Ende der Zahlen angekündigt wird.

Der Film erhält von mir nur 5 von 10 möglichen Punkten.
Knowing (USA 2009) 121 Minuten, Regie: Alex Proyas. Es ist ein Hohn, dass die FSK diesen Film ab 12 Jahren freigegeben hat.

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