Dienstag, 29. Mai 2012

Paradise found - Deister Erdbeeren

Der Vorsommer hatte ein wunderbares Ergebnis: Deister Erdbeeren.
Sie sind in so großen Zahl vorhanden, dass der Kilopreis bei €3,- lag.
Das Leben kann so schön sein.

Sonntag, 27. Mai 2012

Europa Felix - Sind die Europäer glücklich?

Im April wurde für die UNO der 1. World Happiness Report vorgelegt. Der Bericht kann im Internet eingesehen oder heruntergeladen werden. Im Earth Institute der Columbia Univerrsity, New York hat eine Arbeitsgruppe die verschiedenen internationalen statistischen Erhebungen der letzten Jahre ausgewertet und generalisiert.
Ich habe aus der Graphik 2.9 Happy Index by Country (S. 42-43 im Bericht) die Zahlen für Europa ausgelesen und sie in der folgenden Karte visualisiert.

Dargestellt sind Ergebnisse von Erhebungen für den World Value Survey und der European Values Study. Theoretisch gibt es Werte zwischen 0 und 200. Der Happiness Index definiert sich aus den positiven Werten derjenigen, die von sich sagen, dass sie “sehr glücklich" oder “ziemlich glücklich” sind, abzüglich derjenigen, die von sich sagen, dass “nicht wirklich glücklich” oder “überhaupt nicht glücklich”. Da sich negative Werte ergeben können, wurde abschließend 100 addiert.
Dunkelgrün wurde als Farbe für die Staaten gewählt, wo fast alle von sich behaupten, dass sie sehr glücklich sind. In Abstufungen geht es bis zum Dunkelblau der Staaten, wo es etwa gleichviel glückliche wie unglückliche Menschen gibt.
Am Glücklichsten sind demnach die Menschen in Island, Dänemark, Niederlande, Nordirland und Irland. Auf der anderen Seite stehen Bulgarien und Moldawien, wobei bemerkt werden sollte, dass selbst im Irak und unter der Diktatur von Robert Mugabe in Zimbabwe mehr Menschen glücklich sind, als in Südosteuropa.
Das Glück nur bedingt etwas mit Reichtum zu tun hat, ist offensichtlich. In Kosovo sind mehr Menschen glücklich als in Deutschland, was aber keine zynische Begründung dafür sein sollte, dass Flüchtlinge dorthin abgeschoben werden.

Um die Frage aus der Überschrift zu beantworten: Ja!
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Siehe zum World Happiness Report die Berichterstattung in der taz:
Ute Scheub "Das Glück der Erde" (taz, 26.05.2012)
Heike Holdinghausen Maßstäbe fü das gute Leben  (taz, 26.05.2012)
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Nachtrag: Eine Bulgarin schrieb mir gerade und erklärt den schlechten Wert ihres Landes auf dem Index damit, dass es mit einer Mentalität des Beschwerens über alles und jeden und mit den bei Älteren Menschen verbreiteten Ansicht "früher war es besser" zusammenhängt. Es gibt in Bulgarien eine Verklärung der kommunistischen Diktatur wie sie hier in Deutschland in der ehemaligen DDR als Ostalgie bekannt ist. Dies erklärt vielleicht auch die anderen "unglücklichen Werte" für fast alle Staaten Osteuropas.

Freitag, 25. Mai 2012

Fest der Kulturen 2012 in Hannover

Es braucht diese Quäntchen Glück, damit eine Open Air Veranstaltung gelingt. Gute Musiker und guter Sound sind die Grundlage, doch es braucht so etwas wie den laufenden Vorsommer, damit in dieser Stadt, in der so selten ein Lächeln zu sehen ist, die Menschen eine positive Ausstrahlung haben, die durch die Musik noch verstärkt wird.

In Hannover fand vom Freitag bis Sonntag (25.-27. Mai 2012) zum dritten Mal das Fest der Kulturen vorm neuen Rathaus und im benachbarten Park statt. Hier findet sich das Programm der Hauptbühne und hier das Programm für die Zeltbühne im von der Stiftung Niedersachsen geförderten Globalen Dorf. Es gab die üblichen Spezialitätenbuden und alleine für afrikanische Küche habe ich Stände mit Bezug zu Malawi, Ghana, Senegal, Gambia, Nigeria und Uganda gesehen.

In der Abendsonne zu sitzen, die Band Klangkosmos und hier vor allem die soulige Stimme von Selina zu hören, macht glücklich.
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Das war am Freitag. Am Samstag war für mich der Höhepunkt der Auftritt von Brazzo Falcone + The World Brass Ensemble und am Sonntag gefielen erst Afro-Fusion Band Makoomba aus Zimbabwe und dann das Abel/Zielke/Boztüy Trio feat. Levent Özdemir.

Donnerstag, 24. Mai 2012

Rätsel der Monstranz Wasserflasche

(Christiane Florin hat aktuell in der Zeit vom 16. Mai 2012 eine Polemik über Studierende der Politikwissenschaften und ihre Wasserflaschen geschrieben, die mir sehr gefallen hat und mich zu den folgenden Zeilen motivierte).

Es gibt viele Rätsel der modernen Gesellschaft, die erklärungsbedürftig sind. Manche kulturellen Neuerungen unterliegen dabei Douglas Adams Regeln der Akzeptanz technologischer Innovation. Sie sind nur für die Älteren ein Rätsel.
Unerklärlich ist für mich der Niedergang der Kaffeekultur. Die Reduktion auf das Putschmittel Coffein lässt mich vermuten, dass dies auch mit dem Aufkommen hoch potenter Zucker-Misch-Getränke (Blauer Ochse oder wie das Getränke aus A oder einer seiner Klone auch immer heißen mag) in Verbindung steht.
Etwa zeitgleich zum COFFEE-TO-GO tauchten zunächst nur bei Mädchen und jungen Frauen die Wasserflaschen auf, die wie eine Monstranz immer sichtbar getragen. Der Markt reagierte schnell zum Beispiel mit Rucksäcken, die ein spezielles offen einsehbares Außenfach für diese großen Plastikbehälter hatten. Ich nutze seit den Beginn der frühen 1980-er Jahre Rucksäcke (große und kleine) und: Nein, es gab damals kein Fach für Wasserflaschen, noch nicht einmal bei den großen Rucksäcken. Wenn auf einer Tour Wasser gekauft wurde, musste dies extra in einer Tüte oder Tasche transportiert werden.
Da die Promotoren jung und weiblich waren, erscheint es für mich denkbar, dass eine Fernsehserie aus den USA den Kult der Wasserflasche in Deutschland propagierte. Da gebe es gleich mehrere Kandidaten der späten 1990-er Jahre, wobei Sex in the City wohl das größte Brainwash-Potential hatte.
Von den jungen Frauen ging es in die Gesellschaft. Die Erkenntnis, dass ein Mensch am Tag 2-3 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen sollte, ist altbekannt, hat aber nur die wenigsten zu einer Verhaltensänderung geführt. Es braucht Vorbilder und Moden, um etwas Sinnvolles durchzusetzen. Doch es ist auch eine Generationsfrage (siehe Douglas Adams, 3. Kategorie), denn in der Gruppe der von der Werbeindustrie titulierten Best und Silver Ager - also Menschen ab 50 Jahre - ist selten eine Wasserflasche zu sehen.

Der Ursprung bleibt Spekulation und deshalb ende ich mit einer Frage an die Lesenden: Seit wann führen Sie ständig eine Wasserflasche mit sich herum?

(Geschrieben einen Tag vor dem Towel Day 2012)

Mittwoch, 23. Mai 2012

Worterklärung krüsch sein

Es stand eine Variante von Joloff Rice auf dem Tisch und als der Gast mit der Gabel die langen Streifen der Tomatenhaut aus dem Essen fischte, hörte ich erstmals sein Jahren wieder "Da bin ich krüsch".
Dieses Wort für wählerisch (beim Essen), ist zwischen Hamburg und Bremen geläufig (gewesen). Ich fragte nach den Wortursprung und mein Gast verwies auf das Plattdeutsche. Ich fragte nach ähnlichen Wörtern, aber es fand sich keins.
Ich dachte zunächst an ein Gallizismus. Die so genannte Franzosenzeit war kurz aber die Vielzahl der Kontakte durch Franzosen vor Ort und Deutschen in französischen Diensten führte gleich mehrere Worte in den Grundwortschatz, die erst auf einem zweiten oder dritten Blick ihren französischen Ursprung zeigen. Ich hatte hier im Blog die Etymologie des Wortes Tschüs(s)  vorgestellt, aber auch etwas über Killefit geschrieben.
Ein Französisch-Lexikon zeigt cruche, das eine ähnliche Aussprache wie krüsch hat. Die dort genannte zweite Wortbedeutung neben Krug war Dumme Gans, Trottel. doch das passt leider gar nicht zum wählerisch.
Der NDR vermutet Kraut oder ein verschliffenes kritisch als Wortursprung. Grimms Deutsche Wörterbuch verweist auf Kleie und Knorpel, beides Essen, die man wählerisch ablehnen könnte.
Totholzbestand: Alter Handapparat meiner Bibliothek

Erst die große Wörterbuchsammlung in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel gab mir dann genügend Hinweise.
Das Niedersächsische Wörterbuch verzeichnet, wo krüsch und seine Varianten gesprochen wird. Es ist ein Streifen im nördlichen Niedersachsen vom Landkreis Cuxhaven bis zum Landkreis Lüneburg und damit auch in meiner ursprünglichen Heimat. In anderen Teilen des Landes wird alternativ von körsch oder kürsch gesprochen.
Das Hamburgische Wörterbuch gibt einen Hinweis auf die Etymologie. Erst wird darauf verwiesen, dass krüüsch oder krüüdsch wie es in Hamburg heißt zunächst mäkelig meinte. Erste Belege stammen von 1730. Im 20. Jahrhundert setzte sich dann die Wortbedeutung wählerisch beim Essen oder der Ehepartner durch. Für krüüdsch wird auf eine Ableitung von Kruut, in der Bedeutung von (Un)Kräutern und das daraus gebildete krüden (jäten/auslesen) verwiesen.
Das Schleswig-Holsteinische Wörterbuch verweist darauf, dass das Wort im Mittelniederdeutschen nicht belegt ist und sieht seinen Ursprung in einer für das Plattdeutsche typische Metathesis oder Lautverschiebung (zum Beispiel Frosch wird im Plattdeutschen zu Vorsch; Christ zu Kerst). Danach stammt das Wort von küren im Sinne von (aus)wählen. Im Plattdeutschen gibt es bis heute küren als Verb für die Auswahl von Vieh. Das hieraus gebildete Adjektiv kürsch wandelte sich durch eine Verschiebung des R (=Metathesis) zum gesuchten krüsch. Dieser Ableitung findet sich auch in den Deutschen Wörterbüchern von Brockhaus/Wahrig und dem Bibliographischen Institut.

Zusammenfassend sehe ich die zwei Etyms krüden und küren, die im 20. Jahrhundert zum krüsch verschmolzen wurden. 
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Quellen: 
STELLMACHER, Dieter (Hrsg.) Niedersächsisches Wörterbuch, 7. Band ka-küzen, Neumünster 2011, Seite 770.
MEIER, Jürgen/MÖHN, Dieter (Hrsg.) Hamburgisches Wörterbuch, 2. Band F-K, Neumünster 2000, Spalte 131.
MENSING, Otto (Hrsg.) Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch, III. Band K-P, Neumünster 1931, Spalte 352.

Montag, 14. Mai 2012

Straßennamen-Benennung als Ehrung für Jahrhunderte

(14. Mai 2012)
Straßennamen erinnern mich stets daran, dass die wohl größtmögliche Ehrung bzw. Demütigung, die einem Menschen widerfahren kann, die Benennung eines Ortes, Objektes, Preises, einer Krankheit oder Eigenschaft ist.
Um mit einem negativen Beispiel anzufangen, sei auf den österreichischen Schriftsteller Leopold von Sacher Masoch (1836-1895) verwiesen, der sich bestimmt nicht gewünscht hat, dass der Psychiater Richard von Krafft-Ebing ihn 1896 als Namenspaten für den Masochismus einführte. Aktuell kämpft die Stadt Schmallenberg, dass ein sich ausbreitender Virus bei Schafen, Rindern und Ziegen nach ihr benannt ist, weil dort die ersten Fälle beobachtet wurden. Und das die Spanische Influenza (1918-1920) nicht von Spanien ausging, sollte auch schon lange bekannt sein. Das John Montagu, der vierte Earl of Sandwich (1718-1792) bis heute im Sandwich weiterlebt, ist dagegen eher amüsant. Doch auch eine Inselkette im Südatlantik wurde 1775 von James Cook nach dem Marineminister Sandwich benannt.

Straßennamen in jedem Ort erzählen etwas über seine Geschichte und die Namen auf den Schildern verweisen auf die Personen, die vom Stadtrat als wichtig erachtet wurden. Viele Orte haben aber auch Personennamen auf den Schildern, die keinen Bezug zu diesem Ort haben, aber aus politisch opportunen Gründen, verewigt wurden.
Während der Nazi-Zeit wurden viele Plätze und Straßen umbenannt, um die "neue" Zeit anzuzeigen. In neu bebauten Straßen und Plätzen wurden lebende und tote Götter und Götzen der Nazis geehrt. In Hannover wurden zum Beispiel die zentrale Bahnhofstr. in Adolf-Hitler-Straße und der Corvinusplatz vor der Stadthalle in Hermann-Göring-Platz umbenannt.
1945 bestand die Entnazifizierung u.a. auch darin, dass die alten Straßennamen wieder eingeführt wurden. In den neuen Straßen wurde offensichtlich nicht so genau hingeschaut und so verblieben Personen, die von den Nazis geehrt wurden, auf einigen Straßenschildern. Es fehlte damals auch die Entschlussfreude, die Ehrung von Militaristen und Kolonialisten zu beenden. Die britische Militärverwaltung kannte wohl nicht die unrühmliche Vergangenheit einiger Geehrter.

Sie jetzt wieder von diesen Straßenschildern zu entfernen ist mühsam und oftmals mit erheblichen Protest der Bewohner der Adressen verbunden.
Hier in Hannover war es zum Beispiel der Carl-Peters-Platz in der Südstadt, der seit 1916 diesen Rassisten und Mörder ehrte, der für das Deutsche Kaiserreich die Grundlagen der Kolonie in Ostafrika schuf. Das auf dem Platz von den Nazis errichtete Denkmal wurde schließlich 1988 um einen Text ergänzt und der Platz 1991 nach der Pazifistin, Schriftstellerin und Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner (1843-1914) benannt.

Hannover hat etwa 4.000 Straßen- und Platznamen und aus seiner Tradition als preußischer Garnisonsstandort finden sich noch Krieger und Nazis den Straßenschildern, die nicht geehrt werden sollten:
  • Alfred von Waldersee, verantwortliche General bei der Niederschlagung des so genannten Boxeraufstandes und Ehrenbürger (Walderseestr., Hannover-List, seit 1904)
  • Die dichtende Hitler-Verehrerin und Nazi Agnes Miegel (Miegelweg, Hannover-Badenstedt, seit 1965)
Die Lettow-Vorbeck-Alle (Hannover-Badenstedt, seit 1937), benannt nach Paul von Lettow-Vorbeck, Kommandant in Ostafrika im 1. Weltkrieg, der mit seiner Politik der verbrannten Erde mehr als 100.000 Menschen tötete, ist schon fast Geschichte. Ein wesentlicher Teil wurde bereits 1983 umbenannt und der Rest wird hoffentlich demnächst in Namibia-Allee umbenannt.

Hinzu kommen, all die Namen, die an die koloniale Vergangenheit erinnern sollen. In Hannover ist dies vermutlich auf Erich Obst, dem Autor des 13-bändigen Kolonialhandbuchs (1941-43), der bis 1938 und wieder ab 1945 Professor für Geographie war, zurückzuführen.
Die Erinnerung an die Kolonien in Afrika wurde im sogenannten Afrikaviertel in Hannover-Badenstedt durch die Ostafrikastraße, den Kamerunweg (früher Kamerunstraße, beide seit 1937), den Togoweg und die Windhukstraße (beide seit 1959) und allgemeiner durch den Savannenweg und den Safariweg (beide seit 1965) gepflegt. Früher wurden bereits die Afrikaforscher und Kolonialpolitiker Gustav Nachtigal (N-straße in Hannover-Südstadt, seit 1928) und Hermann Wissmann (W-straße in Hannover-Südstadt, seit 1928 - siehe auch meinen Beitrag zu Wissmann in Bad Lauterberg) mit einem Straßenschild geehrt. Hinzu kamen der Afrikaforscher Gerhard Rohlfs (R-straße in Hannover-Südstadt, seit 1939) und der einflussreiche Hamburger Kolonialhändler und -politiker Adolph Woermann (W-straße in Hannover-Badenstedt, seit 1939)

Nicht jedes Straßenschild muss neu beschriftet werden, manchmal reicht eine Erläuterung um aus einer Ehrung ein Denk-Mal zu machen und die Menschen daran zu erinnern, dass es schon immer Beispiele dafür gab, dass die Falschen geehrt werden.
Doch in Hannover hat man auch noch eine andere Lösung für die falschen Namen auf einem Straßenschild gefunden. Im Fall von Nachtigal und Wissmann gibt es noch andere Personen mit diesem Familiennamen, denen mit einem Straßenschild ein Denkmal gesetzt werden konnte. Jetzt hängen an den Straßenschildern Erläuterungen, die keinen Hinweis auf den ursprünglichen Namensgeber zeigen.
Das letzte kritisiere ich an der Umwidmung, Ohne den Halbsatz (Zunächst nach Gustav Nachtigal benannt, jetzt nach Johann Carl Christoph Nachtigal...) haben Menschen der Gegenwart und der Zukunft keine Möglichkeit die Entwicklung der Erinnerungskultur nachzuvollziehen und sich mit der Geschichte des Ortes und der dort geehrten Personen zu beschäftigen.
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Die Verknüpfungen führen in der Regel zu den biographischen Einträgen in der Wikipedia.
Außerdem sei auf Helmut Zimmermann (1992) "Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover", Verlag Hahnsche Buchhandlung verwiesen.
Der Streit um die Umbennung der Lettow-Vorbeck-Allee ist in einem Artikel der HAZ (abgerufen am 14.05.2012) zusammengefasst. Bemerkenswert ist dort auch die Inhaltsleere von einigen der trollenden Kommentare.
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Update 2015: Nun werden wieder Straßennamen in Hannover diskutiert. Hinrich Wilhelm Kopf verlor schon die Ehrung, dass der Platz vor dem Landtag nach ihn benannt war. Fritz Beindorff (Pelikan) wird auch die Ehrung verlieren, dass eine Straße zwischen Vier-Grenzen und Eilenriede nach ihn benannt ist. (siehe Blog 9. November 2015)

Sonntag, 13. Mai 2012

Flaschenpfandsammler

Ich gehöre zu den Menschen, die sich für 8 Cent bücken, sprich wenn ich auf meinen Wegen eine leere Pfandflasche sehen, nehme ich sie mit und stecke sie später am Supermarkt in den Automaten. Dies sind Zufälle und Gelegenheiten und passiert nur wenige Male im Monat.

Doch es gibt Flaschenpfandsammler, die systematisch vorgehen und sich damit etwas Geld verdienen. Ich benutze bewusst die männliche Schreibweise, da ich bisher nur auf Veranstaltungen hier und in einem Park von Helsinki Frauen habe sammeln sehen. Ich verbinde dies mit Armut, da es oftmals ziemlich abgerissene Typen sind, welche Papierkörbe und andere Müllbehälter nach Leergut durchsuchen.
Offensichtlich gibt es an einigen Orten, wo regelmäßig Leergut liegen bleibt, ein Territorialverhalten der Sammler. Am abendlichen Raschplatz sind junge Menschen zu sehen, die vor dem Kinobesuch oder der Disco vorglühen und entsprechend stehen immer wieder auf Treppenstufen und an Sichtblenden leere Flaschen, die aber schnell von Sammlern abgeräumt werden. Eines Abends nach den Kino hörte ich einen Mann mit diversen Flaschen in einem Sack einen anderen aggressiv anrufen: "Verschwinde, dies ist mein Gebiet" (im Original noch unhöflicher).
Ein ähnliches Territorialverhalten sehe ich regelmäßig auf der Bus-+Bahnstation Wolfenbüttel, wenn ich auf meinen Zug warte Diverse Papierkörbe an den Stationen werden systematisch von jemanden auf einen Fahrrad kontrolliert und es gibt viele Fahrgäste, die ihre Wartezeit trinkend verbringen bzw. die Wartebänke mit ihren Wind- und Regenschutz als Trinkhalle nutzen.

Kann damit wirklich Geld verdient werden oder werden damit nur die nächsten eigenen Biere finanziert? Auf Veranstaltungen wir dem Maifest auf der FAUST-Wiese sammeln die oben genannten Frauen große Plastik-Säcke voll Leergut und da sie vor allem Plastikflaschen sammeln geht es um "echtes" Geld. 50 Flaschen sind bis zu 15 Euro wert und ich kann mich erinnern, dass vor einigen Jahren eine Frau eine Sammelstelle für die blaue Säcke bewachte, während andere sammelten oder dort lagen mehrere gefüllte Säcke.

Doch manchmal gibt es auch Sammler, über die ich mich nur wundere. An den Altglascontainern sind regelmäßig Männer mit merkwürdigen Greifarmen und manchmal sogar einer Stirnlampe dabei, die Container zu kontrollieren und mit ihrem Werkzeug Pfandflaschen zu angeln. So auch vor wenigen Tagen am Containerstandort zwischen meiner Wohnung und der nächsten U-Bahnstation. Das Merkwürdige war nicht der Mann, sondern, dass dieser mit einem großen Kombi vorgefahren war und im offenen Kofferraum waren Faltkisten gefüllt mit Leergut zu sehen und er hatte aus einem Container mit seiner Greifzange bereits weitere Flaschen gefischt. Vielleicht ist es doch keine Armut, sondern bereits ein neue selbstständige Tätigkeit. Es braucht allerdings alleine 200 PET-Flaschen, um die monatlichen Ausgaben für KFZ-Steuer und Haftpflichtversicherung zu bezahlen und dann ist der Wagen noch keinen Meter gefahren.
In Braunschweig wurde mir, nachdem ich meine Beobachtung schilderte, gleich von mehreren erzählt, dass es dort einen stadtbekannten Sammler ("Der Pullenmann") gibt, der systematisch seit Jahren mit einem PKW die Containerstandorte anfährt und dessen Wagen stets mit vielen Flaschen gefüllt ist. Doch es wurde auch gesagt, dass dieser Mann psychisch krank sei und die gesammelten Flaschen nicht unbedingt gegen Geld austauscht. Der Mann hat mehrere Garagen gemietet und zwei von ihnen wurden bereits einmal geöffnet gesehen und dort stapelten sich bis unter die Decke Kisten mit Flaschen.

Diese Männer hindern mich aber nicht daran, auch weiterhin eine gefaltete Plastiktüte in meiner Umhängetasche für Pfandflaschen vorrätig zu halten.

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Nachtrag:
Die zweite Gruppe der Pfandsammler, die schon vom Äußeren nicht an Armut denken lassen, sind sogar ein Thema für eine Doktorarbeit im Fachbereich Soziologie der Universität Freiburg. Sebastian J. Moser untersucht "Die Rückkehr der Sammler: Konturen einer neuen Sozialfigur in deutschen Städten". Er vermutet einen Wandel und sieht den Pfandsammler als einen neue Form der informellen Wirtschaft. Er möchte in seinem Promotionsprojekt u.a. die folgende Frage klären: Welche gesellschaftlichen und/oder individuellen Krisen sind es, für die das Pfandsammeln als eine angemessene Lösung gedeutet wird?

Bin schon gespannt auf die Ergebnisse.

Montag, 7. Mai 2012

Schallplatten und Tee

Eine Szene im Film "Singles" (USA 1992 - Link zum Wikipedia-Artikel) weckte eine Erinnerung.

Es gab viele Nachmittage und Abende in den 1980-er und frühen 1990-er Jahre an denen bei sehr viel Tee Gespräche über Musik und Literatur geführt wurden. Musik kam vom Band und häufiger von Schallplatten. Der Musikgeschmack im Freundes- und Bekanntenkreis hatte sich ausdifferenziert und mindestens 100 Schallplatten waren bei jedem von uns zu finden.
Wenn ich erstmals bei jemanden zum Tee war und der Gastgeber in die Küche entschwand, um das Wasser aufzusetzen, stand ich vorm Bücherregal oder der Plattensammlung und machte mir so meine Gedanken. Das Bekannte war Ansatzpunkt für Gespräche, doch das Unbekannte wurde gerne vorgestellt. Diese Beschreibung war in beide Richtungen gültig, denn meine Gäste verhielten sich nicht anders und ich hatte die Freude, unbekannte Stücke oder Passagen aus langen Stücken vorzuspielen. Da war man kein DJ, denn es ging ja nicht ums Tanzen sondern um das Verweisen auf akustische Spezialitäten.
Mit der CD endete diese Freude innerhalb weniger Jahre. Schallplatten mit ihrer künstlerischen Gestaltung und die Idee des Konzeptalbums verschwanden weitestgehend mit den schwarzen Scheiben. zu den Schallplatten gehörte oftmals auch ein lesbarer Text, bei CD-Neuveröffentlichungen von Schallplatten wurde dieser Text einfach auf das Format einer CD verkleinert. Für Menschen, die sich Filme auf dem Handy anschauen, sind diese Texte vielleicht sogar lesbar; für die anderen und mich nicht.

Dienstag, 1. Mai 2012

Hannover Wetter April 2012


Der April 2012 hatte echtes "Aprilwetter". Es gab Frost, es gab den ersten Sommertag, es gab heftigen Niederschlag und Trockenheit, es graue Tage und Tage mit mehr als 10 Stunden Sonnenschein.
Die erste Abbildung fasst die täglichen Messwerte der Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes Hannover-Flughafen zusammen. Der Monat war zu trocken und mehr als die Hälfte der Niederschläge fiel an einem Tag. Auch war die Zahl der Sonnenstunden unterdurchschnittlich. Die Temperaturen sprengten den Rahmen, sowohl was die Minimaltemperatur angeht als auch zum Ende die Maximaltemperaturen.

Die erste Abbildung zeigt wie für jeden Monat seit Januar 2008 die tägliche Höchsttemperatur (orange-rote Linie) und Tiefsttemperatur (hellblaue Linie). Diese Werte können über die linke Skala abgelesen werden. Der tägliche Niederschlag (dunkelblaue Balken) und die Zahl der Sonnenstunden (gelbe Flächensignatur) können über die rechte Skala abgelesen werden.

Der April zeigte sich bei den Temperaturen als Übergangsmonat. Zu Beginn gab es noch kalte Tage mit Tageshöchsttemperaturen unter 10° und nächtlichem Frost und zum Ende waren es warme Tage mit Nächten über 10°. Die höchste Temperatur wurde am 28. April mit 27,5° gemessen, die tiefste Temperatur am 8. April mit -3,3°. Es gab den ersten Sommertag und vermutlich die letzten sechs Frosttage der Saison. Im langjährigen Mittel gibt es nur jedes 2. bis 3. Jahr einen Sommertag im April (zuletzt 2007) und 5-6 Frosttage. In 12 Nächten gab es Bodenfrost, dabei wurde am 17. April -7,1° gemessen und der letzte (?) Bodenfrost am 22. April registriert. Bodenfrost im Mai ist sehr selten. Zu diesem Thema "Eisheilige in Hannover" gibt es einen eigenen Blogeintrag.

Neben diesen absoluten Werten gibt es die berechnete Tagesmitteltemperatur. Hierzu nun wie in jedem Monat gleich mehrere Abbildungen.
Dargestellt ist die Tagesmitteltemperatur (rote Linie) und der gleitende 5-Tage-Durchschnittswert (grüne Linie) um die Spitzen auszugleichen. Die regelmäßigen Leser dieses Blogs werden feststellen, dass bis zum letzten Monat ein 3-Tage-Durchschnittswert verwendet wurde.
Deutlich ist der letzte Kälteeinbruch am Monatsanfang zu erkennen und den folgenden langsamen Temperaturanstieg, der sich zum Monatsende schnell steigerte. Der kälteste Tag war der 8. April mit nur 2,9° und der wärmste Tag der Sommertag mit 18,1°. An zehn Tagen wurde die für die Vegetation erhebliche Grenze von 10° überschritten.

Im langjährigen international vergleichbaren Monatsmittel ist für den April in Hannover 7,8° zu erwarten. Diese wurde früher als Klimanormalwert (=CLINO) bezeichnet, doch seit dem messbaren Klimawandel kann von Normalwerten nur noch begrenzt gesprochen werden.Ich benutze dennoch diese alten Begriffe, um eine größere Begriffsvielfalt bei vergleichenden aussagen zu haben.
Die Abweichungen vom genannten Monatsmittel waren erheblich.
Während der kalten Tage und warmen Tage waren dies zum Teil Abweichungen von mehr als 5°. Die Abbildung zeigt bereits, dass die warmen Tage die kalten Tagen überwiegen.

Aus 31 Tagesmittelwerten habe ich einen gleitenden Monatsmittelwert errechnet.

Es waren erst die warmen Tage zum Ende, die den Monat von einem unterdurchschnittlichen zu einem überdurchschnittlichen Monat (+0,9°) wandelten.
Nur am Rande notiert: 
Im Jahresdurchschnitt liegt die Temperatur aktuell 
1,3° über den langjährigen Mittelwert.

Dieser gleitende Monatsmittelwert zeigt auch sehr deutlich den Beginn und das Ende des Winters 2011/12.

Bis in den Januar wurde es zwar kühler, aber der Winter reduzierte sich in der abgelaufenen Saison auf etwa zwei Monate. Dies machte sich auch in der Zahl der Frost und Eistage bemerkbar. Im langjährigen Mittel gibt es 69-84 Frosttage, doch 2011/12 waren es nur 51. Statt 18-22 Eistage wurden nur 15 registriert. Die beiden Winter davor hatten jeweils mehr als 35 Eistage.

Doch zurück zu den Tagesmitteltemperaturen
Ich vergleiche die aktuellen Werte (blaue Balken), mit 30-Jahresdurchschnittswerten der Jahre 1950-79 (rote Linie) und der Jahre 1980-2009 (blaue Linie). Am oberen und unteren Rand sind noch die jeweiligen Tagesmittelwertrekordwerte der letzten mehr als 60 Jahre dargestellt.
Im April 2012 gab es keine Rekordwerte. Im Monat steigt die Temperatur von 5-8° auf 10-12°. Mit der Ausnahme der bereits genannten kalten und warmen Tage entsprachen die Temperaturen den Mittelwerten.

Doch nun zum Niederschlag.
An nur 14 Tagen fielen insgesamt 21,8mm Niederschlag. Dies entspricht nur 44 Prozent des langjährigen Mittelwerts. Es war ein trockener Monat vor allem da mehr als die Hälfte des Niederschlags zu Beginn des Monats an einem Tag registriert wurde (3.4.: 12,6mm).

Es war dies bereits der dritte Monat in Folge, der deutlich zu trocken war. Im langjährigen Mittel fallen vom Februar bis April 135,3 mm Niederschlag, 2012 waren es nur 48,8 mm (entsprechend 36%). Die Landwirtschaft stöhnt so regelmäßig über ihre vier Todfeinde (wir nennen sie Jahreszeiten), dass dies zum Grundrauschen in den Nachrichten verkommt, doch in diesem Jahr ist es wirklich ein Problem.

Doch das ist nur Witterung. Eine Klimaveränderung ist nur im Vergleich zum langjährigen Mittel möglich. Als Klimanormalwert stehen für Hannover im April 49,8mm.

Die Abbildung zeigt den Klimanormalwert als schwarze Linie und die tatsächlichen monatlichen Ergebnisse von 1947-2012 als blaue Balken. Deutlich sind die Abweichungen zu erkennen, doch bis in die 1990-er Jahre folgten feuchten Jahren trockene Jahre. Als rote Linie wurde auf der rechten Skala (doppelt erhöht) der gleitende 30-Jahre-Durchschnittswert eingetragen. Die vielen nassen Jahre von 1965 bis 1975 erhöhten den Durchschnittswert um 8 Prozent auf maximal 53,6mm. Doch diese Abweichung ist nur unwesentlich im Vergleich zur Trockenheit der letzten Jahre. Seit 2003 wurde in jedem April weniger als der Klimanormalwert von 49,8mm gemessen. Der 30-Jahredurchschnittswert fiel um 20 Prozent auf aktuell 39,4mm.
Der Unterschied zwischen den feuchten und trockenen Jahren wird noch deutlicher, wenn diese gleitenden 30-Jahreswerte mit dem Klimanormalwert verglichen werden und das Ergebnis quadriert wird. Hier ist ein deutliches Beispiel für einen lokalen (regionalen) Klimawandel festzustellen. Der Klimawandel führt dazu, dass in Hannover der April nicht nur wärmer, sondern vor allem auch trockener wird.

Trotz der genannten Aussagen zur Temperatur und zum Niederschlag muss festgestellt werden, dass in diesem Jahr die Zahl der Sonnenstunden unterdurchschnittlich war. An 27 Tagen zeigte sich die Sonne und es wurden insgesamt 127 Sonnenstunden registriert. Dies entsprach aber nur 85 Prozent des langjährigen Mittelwerts. Nur an zwei Tagen wurden mehr als 10 Sonnenstunden gemessen. Diese Abweichung ist aber nicht ungewöhnlich.

Es gab keine außergewöhnlichen Windereignisse. Der Spitzenwert einer Böe erreichte am 1. April 15,9m/s, was gerade mal Windstärke 7 der Beaufort-Skala ("steifer Wind").

Zum Schluss noch einmal der Hinweis, dass alle Originalwerte der kostenlosen Datenbank des DWD entnommen wurden. Die Berechnungen von Mittelwerten und die daraus resultierenden Vergleiche und Beschreibungen sind aber auf meinen Mist gewachsen.
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Die folgenden Symbole führen jeweils direkt zum genannten Bericht:

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Der Jahresbericht 2009 ist hier zu finden und hier geht es zu den Wetterberichten für alle Monate im Jahre 2009:
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Der Jahresbericht 2008 ist hier zu finden und hier geht es zu den Wetterberichten für alle Monate im Jahre 2008:
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Es gibt außerdem noch ein Blick auf das Wetter in Hannover im Jahre 2007, speziell den Sommer 2007. Es gibt einen langen Beitrag zum sehr kalten Winter 2009-2010 mit Vergleichen zu anderen Wintern.