Montag, 19. Mai 2014

Schnorcheln vor Zanzibar 1989

Ein scharfer Schmerz wie von einer Schnittverletzung war am Oberarm zu spüren. Mein lauter Schrei beendete für mich die Idylle an der Ostküste von Unguja (=Zanzibar Hauptinsel).
Der Schmerz vervielfachte sich als ich panisch in einer rudernden Bewegung meinen Arm von der unsichtbaren Quelle weg riss. Ich sah es noch nicht, aber ich hatte die Nesseln einer Tentakel einer Qualle berührt und mit der drehenden Bewegung die Nessel um meinen Oberarm gewickelt.
Der Schnorchel wurde ausgespuckt und ich rief um Hilfe. einer meiner amerikanischen Freunde kam angeschwommen, sah die Ursache und entfernte die Ursache der Schmerzen. Ich bewegte mich zu dem kleinen Ruderboot, und kam mit der Hilfe des lokalen Fischers ins Trockene. Ein roter Streifen lief um meinen Arm herum und schmerzte so sehr, dass ich mich jetzt wunderte, wie ich trotzdem damit zum Boot geschwommen und ins Boot gekommen war. Die Nerven waren so überreizt, dass der Arm nicht zu gebrauchen war.
(Blick vom Wasser auf unsere Unterkunft)
Wir waren eine kleine Gruppe von ausländischen Studierenden der University of Dar es Salaam, die im März 1989 einen Kurzurlaub auf der Insel machten. Wir waren zunächst in Stone Town gewesen und hatten von dort eine Bootstour nach Changuu gemacht und dort die Aldabra-Riesenschildkröten bewundert.
(Stone Town, Zanzibar, Unguja, März 1989)
In der Stadt hatten wir den Busbahnhof mit seinem Dala Dala-Fahrzeugen gesehen und da kam die Idee auf, die Stadt zu verlassen und einige Nächte an der Ostküste zu verbringen. Ein Dala Dala war damals ein sehr robuster kleiner LKW mit deutlich sichtbaren Blattfedern, auf dessen Ladefläche vier Bankreihen befestigt waren. Eine Abdeckung schützte vor der Sonne und auf der Ladefläche wurden neben den Menschen auch Waren transportiert. Es gab nur einen Dala Dala am Tag, der in einem Bogen über den Süden der Insel zur Ostküste fuhr.
Bereits kurz hinter der Stadt endete der befestigte Weg und der LKW schaukelte und sprang vollbesetzt über sandige Pisten. Der Weg war so schlecht, dass das Fahrzeug nie wirklich schnell fahren konnte. Dagegen wurden die Holzbänke schnell unbequem.
Unser Ziel war irgendwo bei Bwejuu. Wir wollten an der Ostküste Baden und die Schönheiten eines Korallenriffs erleben. Jemand hatte den Tipp bekommen, dass an unserm Ziel einige Fischer ein Gasthaus anbieten. 1989 gab es noch keinen nennenswerten Tourismus weder auf Zanzibar noch in Tanzania. Wazungu (=weiße Menschen) waren in der Regel Entwicklungshelfer, Missionare, Entwicklungsexperten, Diplomaten, Händler oder eben wie wir im akademischen Austausch (als Dozenten oder Studierende).
(Unguja, Zanzibar Ostküste kurz nach Sonnenaufgang, März 1989)
Der Dala Dala hielt und wir verließen mit unserm Gepäck Richtung Küste die Sandpiste. Heute klingt es wie eine Idylle. Das Geräusch vom LKW entschwand nach Norden und gingen unter Palmen auf die wenigen weißen Häuser zu. Der Indische Ozean im Hintergrund leuchtete im Sonnenschein. Einer der US-Freunde konnte leidlich Kiswahili und fragte nach einer Unterkunft. Eine Reservierung oder Buchung war undenkbar, wir waren an einem Ort, wo es kein Telefon gab und der tägliche Dala Dala auf seiner Hinfahrt und Rückfahrt das einzige Motorfahrzeug war.
Wir fanden eine Unterkunft und verteilten uns auf die drei oder vier Zimmer der einfachen gekalkten Unterkunft. Der Fischer kassierte vorab und fragte gleich, was wir denn Essen und Trinken wollten. Natürlich Fisch und Reis statt des immer wieder in der UNI-Mensa servierten Ugali na Maharage (rote Bohnen mit fester Maispampe und ein-zwei Stücken Fleisch).
(Kokospalme an der Ostküste von Unguja, Zanzibar, März 1989
Wir waren glücklich in dieser absoluten Ruhe und vor dem Abend auch das erste Mal am Strand und im Wasser. Auch dort ein einziges Postkartenbild. Weißer Sandstrand, kleinen Wellen (wegen des vorgelagerten Riffs) und große Kokos-Palmen, die sich zum Strand neigten.

Der Fischer fragte uns am nächsten Morgen, was wir denn an diesen Tag essen wollten und wir fragten nach Hummer. Er sagte dazu, dass er den wirklich im Wasser suchen muss und so dieses Speise teurer sein würde. Doch was war teuer im Jahre 1989 in Ostafrika. Für uns nichts und wir waren arme Studierende mit kleinen Stipendien und wenig Taschengeld. Doch wir hatten Geld und waren alleine schon deshalb relativ reich. Der Fischer bot auch an, dass wir bei ihm Schnorchel und Taucherbrillen leihen könnten und er mit uns am Nachmittag, wenn die Sonne nicht mehr gefährlich ist, mit uns zum Riff raus fahren könnte.

Es war bis zu dem Vorfall mit dem Nesseln einer Qualle ein wunderbares Erlebnis. Wir wurden vor den scharfen Kanten des Riffs gewarnt. Die Kraft der Wellen brach sich hier und so war wirklich manchmal das Riff zu spüren. Was jeder von uns mit den Taucherbrillen gesehen hat, kann nicht in Worte gefasst werden. Es gibt unbeschreibliche Schönheit.
Am Ende unserer Tour hatten alle rote Stellen. Ich am Arm von der Qualle und wir alle am Oberkörper und den Beinen von der Sonne.

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