Samstag, 30. August 2014

Widersprüchliche kirchliche Touristenpolitik

Dann stand ich schließlich doch im Duomo (Cattedrale di Santa Maria del Fiore) in Firenze. Vor dem Gebäude war eine Menschenschlange, die sich um die Ecke bis zur Mitte des Langhauses wand. Es war eine ständige Bewegung und so stellten wir uns auch an.
Bewusst, aber ohne darüber gesprochen zu haben, hatten wir beide für diesen Besuch eine lange Hose angezogen. Vor fast allen Kirchen waren die graphischen Hinweise auf angemessene Kleidung (Schultern, Oberschenkel und Knie bedeckt) zu sehen. So auch hier, nur waren hier wirklich Bedienstete mit dem Stadtwappen, welche entlang der Schlange gingen und Personen ansprachen, die nicht angemessen bekleidet waren.
Gerade Teenager und junge Frauen in der aktuellen Mode, die ihre ungesunde Magersucht zeigten, wurden angesprochen. Viele hatten in einer Handtasche ein Tuch dabei, andere wickelten ihre Jacke tief über die Hüfte, um die notwendige Bedeckung zu erreichen. Doch Männer hatten nicht unbedingt etwas dabei und ich sah einen älteren Mann, der nachdem er angesprochen wurde, die Schlange verließ und ging.
Ich war zunächst positiv überrascht, wie strikt hier eine Regel zum Schutz einer katholischen Tradition geachtet wurde. Aber so war es dann doch nicht, denn die jungen Frauen verlängerten ihre Miniröcke und Hotpants nur um 1-2 Handbreit und alleine das Bemühen wurde honoriert und sie durften in den Dom.
In anderen Kirchen habe Frauen mit Spaghetti-Trägern oder sogar mit durchsichtigen Oberteil, der die Lingerie betonte gesehen. Da gab es niemand, der angemessene Kleidung verlangte. 

Die Schilder vor den Kirchen haben noch weitere Piktogramme (Ruhe, kein Blitzlicht in der Kirche, etc.) und einige werden in den Kirchen auch durchgesetzt. Habe selbst schon erlebt, dass leise Gespräche oder Erklärungen unterbunden wurden. Im Dom war es zum Beispiel unerwünscht, dass die wenigen Stühle, die es dort gab, benutzt werden. Diese waren ausschließlich für andere Zwecke.
Das Blitzlichtverbot wurde nicht durchgesetzt. Der Dom ist angefüllt mit vielfarbigen Gemälden und Fresken und die Lichtmenge gefährdet die Bilder. Es wird zwar auch viel spekuliert, dass es sich vor allem um eine Verkaufsförderung der eigenen Postkarten (exit through the gift shop) handelt, aber das intensive Licht gefährdet tatsächlich Farben und Schriften, auch wenn ein einziger Blitz vernachlässigbar ist.
Im Historischen Archive der EU erfuhren wir zum Beispiel, dass den Wissenschaftlern das Fotografieren ohne Blitzlicht erlaubt ist, denn diese Vervielfältigung der Dokumente ist eine geringere Belastung für die Dokumente als zum Beispiel das Anfertigen einer Fotokopie.
Keiner sprach die blitzenden Touristen an und dabei gab es bei der Menschenmenge mehr als ein Blitz in jeder Sekunde, auch wenn möglicherweise bestimmte Gemälde nur alle paar Sekunden beleuchtet wurden.
Dieser Widerspruch ist mir unverständlich. Auch wenn die religiöse Kunst erst nach Jahrzehnten sichtbare Schäden zeigt, schneidet sich die Kirche ins eigene Fleisch. Denn wenn die Farben der Bilder verblassen, werden diese auch nicht mehr so attraktiv für Besucher sein.

Leicht Bekleidete werden wie "Blitzer" im Stadion behandelt, aber diese Blitzer werden ignoriert und können ihre egozentrische Zerstörung des menschlichen Kulturerbes fortsetzen.

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