Sonntag, 5. Oktober 2014

Warten in Schiphol

Nicht endende Langeweile. Es ist egal, wie der Flughafen heißt. Wenn die Aufenthaltszeit eine zeitliche Grenze überschreitet, ist es langweilig. Die Szenen wiederholen sich und die Ansagen können mitgesprochen werden, auch wenn es ungewöhnliche Ansagen sind.
"Passenger ... (Nachname) to ... (Flugziel). You are delaying the flight. Immediate boarding or we proceed to offload your baggage" 
Und dann gibt es die Menschen, die zwar eine Abwechslung bringen, sogar bedingt unterhaltsam sind, aber eher zum Kopfschütteln führen.
Der zentrale niederländische Flughafen Schiphol bei Amsterdam hat angenehme Orte, darunter auch einen Bereich, der mit seinem vielfältigen Grün und einem kleinen Einkaufspavillon davor, viele Geräusche der vorbei eilenden Passagiere schluckt und damit einen Ruhebereich schafft. Hier dösen und schlafen Transitreisende (wie ich auch einer war), aber einige denken scheinbar, dass dies auch ein Versteck für ihr Gepäck ist und die Dösenden schon dafür sorgen, dass niemand ihr Gepäck entfernt.

Ich saß in einem bequemen Sessel und hatte nicht beachtet, dass in meiner Nähe Handgepäck auf einen anderen Sessel aufgestapelt war. Eine Sicherheitskraft kam und fragte systematisch einen nach den anderen, ob das Gepäck uns gehört oder ob wir wissen, wen es gehört. Nur eine Frau war bereits lang genug in diesem Bereich gewesen, um sich daran zu erinnern, dass die Passagiere bereits vor längerer Zeit weggegangen waren.
Da der Mann vom Flughafen auch mich fragte, erlebte ich alles wie im 1970-er Werbespruch "Live und in Farbe" (Olympia 1972 oder Fußball-WM 1974). Er wartete kurze Zeit und hielt Ausschau. Da nichts passierte, sprach er erst über Funk mit einer Kollegin, dann mit der Frau, die ihn den Hinweis gegeben hatte. Sie möge doch bitte die Passagiere informieren, dass deren Handgepäck bei der Flughafen-Sicherheit zu finden sei. Sprach 's, nahm die vier Teile und verschwand.

Nach etwa einer halben Stunde verschwand auch die angesprochene Frau und nicht lange danach kamen zwei italienisch sprechende Männer und vermissten ihr Handgepäck. In Zeichensprache wollten sie von mir erfahren, ob ich wüsste, wo ihr Gepäck ist. Ich sprach langsam Englisch, gewann aber schnell den Eindruck, dass die beiden nur sehr wenig verstanden und selbst noch weniger sprachen. "Sicurezza" und ein Fingerzeig nach unten war ihre fragende Entgegnung, die ich durch ein Nicken bestätigte. Die beiden Männer verschwanden.
Nur wenige Minuten später kamen drei Italienisch sprechende junge Menschen, nahmen in meiner Nähe Platz und verschwanden nach wenigen Minuten ohne ihr Handgepäck mitzunehmen.
Ist das so üblich in Italien?
Wieder hörte ich die Durchsage "Passenger ... (Nachname) to ... (Flugziel). You are delaying the flight. Immediate boarding or we proceed to offload your baggage". Erst nach dem vorherigen Erlebnis merkte ich, dass diese Durchsage regelmäßig zu hören war. Es waren stets andere Namen, aber sehr viele von ihnen klangen Italienisch.

Da ich kein Interesse hatte, noch mal eine Gruppe in ihrer Sorglosigkeit zu unterstützen, suchte ich mir einen neuen Ort, um den Rest meiner mehr als fünf Stunden im Transit zu verleben.
Der beschriebene Ruhebereich ist wirklich ungewöhnlich und so etwas hatte ich in dieser Form vorher und seitdem an keinen anderen Flughafen gesehen. Es gab sogar einen Ausgang zu einer Dachterrasse. Im künstlichen Grün waren an der Decke Lautsprecher versteckt aus denen Vogelgeräusche abgespielt wurden. Neben den von mir benutzten bequemen Sesseln gab es auch Plattformen mit übergroßen Granulatsäcken, auf die man sich legen oder setzen konnte. Und nirgendwo blinkende oder sonstige Werbung.

Schiphol hat einen wirklich angenehmen Ort für Transit-Passagiere.

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