Montag, 28. März 2016

Journalismus gegen Intelligenzflüchtlinge

Ein Lob auf Journalisten, die ihren Beruf ernst nehmen.

Ich komme vom platten Land, bin aber seit mehr als 30 Jahren Großstädter. Meine Besuche in meiner Heimatregion sind ein Regulativ zum Diskurs unter Freunden in der Stadt. Intellektuelle Zumutungen der Xenophobie und der Menschenverachtung erreichen mich in der Regel nur über die Medien und wenn ich mit offenen Ohr mich im öffentlichen Nahverkehr bewegen lasse.
Auf dem Lande lese ich die lokale Zeitung, um den anderen Diskurs besser zu verstehen.

Die Kreiszeitung - Neue Stader Wochenblatt ist eine kostenlose Wochenzeitung, also ein Werbeblatt mit wenigen eigenen Artikeln. Neben der Langeweile über Unfälle, Jubiläen, Neueröffnungen und anderen Berichten, die auch als Werbung für einen lokalen Betrieb verstanden werden können, fand ich "Das Einkaufswagen-Märchen".
Der Redakteur Jörg Dammann schreibt aus Harsefeld über aktuelle urbane Legenden. Flüchtlinge die Ausgabestelle der Tafel geplündert haben oder mit vollen Einkaufswagen ohne Bezahlung einen Supermarkt verlassen und die Polizei will keine Anzeige aufnehmen, etc.
Es sind dies die Gerüchte, die auf dem platten Land (und sehr wahrscheinlich auch in der Großstadt!) an Stammtischen und in Kaffeekränzchen kursieren oder eben generell in den digitalen sozialen Medien. Es ist alles Quatsch und der Redakteur macht das, was jeder Journalist machen sollte. Er fragt bei der Tafel und bei Supermärkten nach.
Es ist natürlich alles erfunden und so unwahrscheinlich, dass man lachen müsste.

Doch auch in der Familie habe ich schon den Unsinn hören müssen, dass Polizisten Anzeigen wegen kleiner Ladendiebstähle nicht annehmen wollten. Nur der Appell an den gesunden Menschenverstand verdeutlichte den Unsinn dieser bösartigen Geschichten.

Jörg Dammann "Das Einkaufswagen-Märchen: Wenn haarsträubende Geschichten über Flüchtlinge kursieren", Kreiszeitung Wochenblatt, 21. März 2016
(Blick auf die Elbe durch einen Schutzzaun am AKW Stade)
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(siehe auch Intelligenzflüchtling und AberNazi)

Sonntag, 13. März 2016

AfD AberNazi stärkste Partei in Teilen von Sachsen-Anhalt

Es ist viel schlimmer, als das Gesamtergebnis zur Landtagswahl erahnen lässt. Die AberNazis sind in einigen  Wahlkreisen zur stärksten Partei geworden. Auf der Seite des Landeswahlleiters Sachsen-Anhalt kann nachgelesen werden, dass die AfD in 8 von 43 Wahlkreisen die stärkste Partei sind.
Es handelt sich um die Wahlkreise:
  • 17 Staßfurt
  • 29 Bitterfeld
  • 31 Sangerhausen
  • 32 Eisleben
  • 35 Halle I
  • 39 Merseburg
  • 41 Zeitz
  • 42 Weißenfels
Ich habe die Wahlkreise mal in der offiziellen Wahlkreiskarte markiert.

Die Wahlberechtigten hatte eine Erststimme und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme wurde direkt aus dem Wahlkreis jemand ins Landesparlament geschickt und mit der Zweitstimme die Verteilung der Sitze bestimmt. In 15 (!) Wahlkreisen erhielt die AfD die relative Mehrheit der Erststimmen.
Es reichten 23,8 bis 33,4% der Erststimmen für eine Direktwahl.
Hier ist noch deutlicher zu sehen, dass fast alle Wahlkreise, die an Sachsen und Thüringen grenzen nun von AfD-Abgeordneten repräsentiert werden.
Direkt gewählte AfD-Abgeordnete (% der Erststimmen):
10 Magdeburg I (23,8%)
17 Staßfurt (32,1%)
21 Bernburg (30,8%)
26 Dessau-Roßlau (25,5%)
28 Wolfen (31,0%)
29 Bitterfeld (33,4%)
31 Sangershausen (30,3%)
32 Eisleben (31,5%)
33 Saalekreis (30,1%)
34 Bad Dürrenberg-Saalekreis (30,9%)
35 Halle I (31,1%)
39 Merseburg (32,3%)
40 Querfurt (33,1%)
41 Zeitz (31,6%)
43 Weißenfels (31,8%)


Doch auch die echten Nazis feierten Erfolge. Im Wahlkreis 42 Zeitz im Landkreis Burgenland erhielten die Nazi-Parteien Die Rechte-NPD 4,2%. Wenn man auf die Ebene der Gemeinden geht, gibt es gleich mehrere Orte, wo die NPD mehr als 5% der Stimmen erhielt.
Ich beobachte mit Entsetzen, wie sich Nazis in einigen Orten etablieren (vgl. meine Beiträge zur Landtagswahl 2013 in Niedersachsen und speziell in Hannover).
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(Quelle für alle Zahlen: Landeswahlleiters Sachsen-Anhalt)

Samstag, 12. März 2016

Missglückte Vorfilme und Teaser

Wenn ich mit Freunden ins Kino gehe, werden die werbenden Ankündigungen vor dem Hauptfilm gerne kommentiert. Es gibt die Perlen, die wirklich neugierig machen und entsprechend wieder ins Kino führen. Und dann gibt es die vielen missglückten Beispiele.
Es ist oftmals Werbung für eine "Jungs"-Film, junge männliche Erwachsene müssen Abenteuer bestehen und alles mit ach so coolen Sprüchen würzen. Die Abenteuer sind mit  Verfolgungsjagden, Schüssen und Explosionen sowie schönen, jungen Frauen verbunden. James Bond für Arme!
Die großen Produktionsgeschichten aka Hollywood recycelt gerne Klassiker der Filmgeschichte oder macht aus einer guten Idee für einen Film, der deshalb erfolgreich ist, eine Filmserie, die mit teure B-Movies zu umschreiben sind.

Neuinterpretationen einer Geschichte können sehr interessant sein, wenn ich zum Beispiel an "Die Zeitmaschine" nach dem Roman von H.G. Wells denke. George Pal hat 1960 mit Rod Taylor in der Hauptrolle und den damals möglichen Tricks dieses futuristische Gedankenspiel verfilmt. Für die Spezialeffekte gab es den Oscar. Der Vorfilm für  Simon Wells 2002 Version mit Guy Pearce in der Hauptrolle lockte mich ins Kino. Es stand das digitale Handwerkszeug der Illusion zur Verfügung, doch es ist die Geschichte, die dann auf der Leinwand überzeugt.
Doch es gibt dann auch die Vorfilme, die sind so abstrus, dass kein Geld an der Kinokasse gelassen wird. Zum Beispiel die Neuverfilmung der "Drei Musketiere" durch Paul W. S. Anderson (2011 Trailer). In der Literatur ein Klassiker und oftmals (u. a. 1948, 1973, 1993 und 1998) erfolgreich verfilmt, zeigte diese Werbung, dass deren Drehbuchautoren entweder nicht lesen können oder eigentlich nur einen Actionfilm, der in der Vergangenheit handelt und zufällig 3 Musketiere heißt, konstruierten. Als der Film Jahre später im Fernsehen lief, zeigte sich auch, dass er so schlecht ist, wie in den zusammengeschnitten Szenen der Werbung angedeutet.

Doch es gibt auch Vorfilme, die so schlecht sind, dass auf einen Kinobesuch verzichtet wird, aber dann auf DVD oder im Fernsehprogramm sehr unterhaltsam sind. Jurassic Park (1993) von Steven Spielberg brachte Dinosaurier zurück auf die Leinwand und wurde in einem zweiten (ganz OK) und dritten Teil (na, ja) fortgesetzt. 2015 wurde der vierte Teil im Kino beworben. Die ausgewählten Szenen ließen einen Krawall-Film für Jungmänner erwarten. Das ist mir kein Geld wert.
Nun sah ich den Film auf dem Bildschirm und wunderte mich über den Qualität des Films. Er war ähnlich unterhaltsam wie Star Wars und wäre sicherlich im Kino beeindruckend gewesen. Kritisch wird die Unterhaltungsindustrie à la Disney World gezeigt, die mit imposanten Kunststücken, Traumwelten, Streichelzoos und Andenkenläden vor allem sehr viel Geld verdienen möchte. Die Rendite der Investoren ist wichtiger als die Sicherheit. Es wird auch einmal mehr das Motiv der dummen, Macht verrückten Militärs gezeigt. Leider wird sehr offensichtlich eine Spur gelegt, die einen 5. oder 6. Teil erwarten lassen, obwohl am Ende dieses Films der Jurassic World als Tourismusziel zerstört ist. Im 5. Teil ist zu befürchten, dass die "bösen" Dinos dann für das US-Militär zur Jagd auf Daesh (= IS) oder Kim Jong-un genutzt werden.

Donnerstag, 10. März 2016

Fukushima Daiichi und Ignoranz der Atommafia

Am 11. März 2011 zerstörten ein Erdbeben und ein folgender Tsunami drei Atomreaktoren in Fukushima Daiichi. Dies zwang politisch Verantwortliche zu einer Neubewertung der atomaren Stromerzeugung.

Die französische Regierung und die staatliche dominierte Électricité de France eDF, welche die französischen Atomkraftwerke betreibt und neue Projekte für AKWs entwickelt, zogen keine Konsequenzen aus dem GAU in Japan.
Vor der Pariser Weltklimakonferenz hat Frankreich Propaganda für die sichere, saubere Atomkraft gemacht.

Ich sah dies zum Beispiel in Warschau am Schutzzaun der Botschaft.
Dort wurde besonders die Baustelle des neuen Reaktors am Standort Flamanville in der Normandie dargestellt. Es waren einfach schöne Bilder von einer Baustelle, die eDF Kopfschmerzen und finanzielle Probleme bereitet.

Zwei Reaktoren stehen dort bereits und so konnte ohne großen Protest - 700 Menschen arbeiten für das Atomkraftwerk - der Plan für einen dritten Reaktor entwickelt werden. Er sollte 2012 für Gesamtbaukosten von 3,3 Milliarden Euro fertig gestellt werden. Das Datum der Fertigstellung und die Baukosten veränderten sich stetig:
4 Milliarden Euro und 2013 am Netz, 5 Milliarden und 2014 am Netz, 6 Milliarden und 2016 am Netz, 8,5 Milliarden und 2017 am Netz. Aktuell wird eine Inbetriebnahme Ende 2018 verkündet und die Baukosten sollen bis dahin 10,5 Milliarden Euro betragen. Billig war Atomstrom noch nie, ohne staatliche Subventionen zum Beispiel versteckt in der Forschungs-Förderung wäre die Atomkraft aus wirtschaftlichen Gründen schon Geschichte.

Atomkraft zur Stromerzeugung ist in Deutschland demnächst Geschichte. Wir werden auch ohne neue AKWs noch für mehr 100 Jahre ernste Probleme mit dem Atommüll und die Finanzierung seiner sicheren Endlagerung haben. Für den Atommüll in der Asse (schwach- und mittel-radioaktiv) gibt es bereits Zeitpläne bis 2036. Die letzte Schätzung von 2010 geht alleine an diesen kleinen Standort von Kosten von 3,7 Milliarden Euro aus, die fast vollständig vom Steuerzahler bezahlt werden.
Sarkastisch kann gesagt werden, wer einen sicheren Arbeitsplatz sucht, sollte eine Ausbildung in der Atommüllentsorgung oder der Steuerverwaltung anstreben.

Dienstag, 8. März 2016

Science Fiction aus der Sowjetunion

Science Fiction 1
Wissenschaftlich-phantastische
Erzählungen aus Rußland
(Übersetzung: Ruth Elisabeth Riedt)
piper paperback, München 1963

Es handelt sich um neun Kurzgeschichten, die 1958 bis 1960 in Moskau erschienen.
Sie wurden in einer Phase geschrieben, als die russische Raumfahrt im Wettbewerb mit der US-amerikanischen die Nase vorne hatte (Sputnik, 1957). Positivismus prägt die Geschichten und es ist ein Blick in einer Zukunft, die fast immer bereits wieder Vergangenheit ist.
Im letzten Jahr wurde dieser Blick in die Zukunft international gefeiert, als die US-Filmserie "Zurück in die Zukunft" (1985-1990) wieder in die Kinos kam. Der zweite Teil dieser Trilogie handelte im Jahre 2015 und mit Amüsement wurde nun dieser Film mit der Wirklichkeit verglichen. Was konnten die Autoren vor 26 Jahren erahnen, wo lagen sie total falsch.

Drei der Geschichten, die ich hier als 2., 4. und 5. vorstelle, möchte ich ausdrücklich empfehlen. Die Mehrzahl dieser sowjetischen Erzählungen handeln in einer nahen Zukunft ohne Jahreszahl.
Nur die erste Geschichte "Erwachen im 20. Jahrtausend" von Wladimir Sawtschenko wagt einen großen Sprung in die Zukunft. Nach den persönlichen negativen Erlebnissen des 1. und 2. Weltkriegs und der Angst vor einem 3. lässt sich der Protagonist in der Wüste Gobi in einer Metallkapsel einfrieren, um in einer besseren Zukunft wieder zu erwachen.
"Ein einziger Wahnsinniger kann so viel Unheil anrichten, dass tausend Weise uns nicht davor zu retten vermögen"
(S. 15f.)
18.000 Jahre später ist die Wüste eine Waldsteppe und es gibt keine Hinweise auf menschliches Leben. Der Mensch hat sich scheinbar selbst ausgerottet. Stattdessen leben Menschenaffen im Wald, die erste Werkzeuge benutzen und in der Graslandschaft auf ihren Hinterbeinen gehen. Diese sehen ihn als Feind und greifen ihn an.
Doch es gibt den modernen Menschen, der zum Beispiel riesige Naturschutzgebiete ausgewiesen hat, die er beobachtet und so das Auftauchen des Vorzeitmenschen aus dem Jahre 1952 registriert und ihn rettet.

Anatolij Dnjeprow hat mit der "Insel der Krebse" eine anti-militaristische Geschichte geschrieben. Lernende und sich selbst reproduzierende Maschinen sind weiterhin Zukunft. Die Geschichte wurde 1975 für das ZDF verfilmt und war für mich als 13-jähriger eine Horrorgeschichte (vollständiger Text der Erzählung).
Auf einer Insel werden kleine mechanische Krebse ausgesetzt, die mit Solarenergie betrieben in ihren Inneren Rohstoffe so weit verarbeiten können, dass neue Krebse entstehen. Über die Generationen entwickeln sich verschiedene Formen und Größen. Irgendwann sind die Rohstoffe erschöpft, die Krebse kannibalisieren sich und ihre Vielzahl wird von immer größeren Exemplaren verdrängt. Eine Parabel für die einzelnen Staaten, die sich bekämpfen und die Erde ausbeuten. Doch am Ende existiert nur noch ein hoch gerüsteter Staat, der nun seinen Hunger auf anderen Welten beseitigen will.

Ein ähnliches Motiv wählten die Gebrüder Arkadij und Boris Strugazkij für ihre Erzählung "Der weiße Konus Alaids". Die Menschheit hat bereits viele der Planeten und ihrer Monde erreicht. Wissenschaftlicher haben ein "Ei" entwickelt, dass als Pionier auf unbekannten Welten landen soll. Mit Sensoren ausgestattet analysiert diese lernende Maschine zunächst die gesamte Umgebung ihres Standorts, um dann aus den erkannten Rohstoffen ein Habitat für nachkommende Menschen zu bauen. Das Ei ist noch in der Entwicklung und die Geschichte handelt auf der dünn besiedelten Insel Schumschu (nördliche Kurilen). Alles verläuft, wie im Labor programmiert, bis es zur Explosion kommt. Der Mensch hat in seinen Kriegen an vielen Stellen Waffen hinterlassen, so dass selbst die Geschichte eine Insel vor ihrer Nutzung erforscht werden sollte. Das Ideal der technischen Weiterentwicklung vernachlässigt die kulturelle Entwicklung.

Ein lernender Computer, der ein Bewusstsein erlangt, ist die Grundlage einer weiteren Erzählung von Anatolij Dnjeprow, "Maschine ER, Modell Nr. 1". Die Maschine wird täglich mit Tageszeitungen gefüttert, deren Information gewinnträchtige Blicke in die nahe Zukunft ermöglichen. Als der Besitzer durch diese Prognosen zu reich und gierig wird, begreift die Maschine, dass der Besitzer im nächsten Schritt den Computer durch ein besseres, teureres Modell ersetzen wird.

Viktor Saparin "Der Himmelskulu" spielt mit dem Gegensatz der Betrachtung einer Erforschung aus der Sicht der "überlegenen" Forscher von der Erde und den Einheimischen, welche diese Fremden in ihr Verständnis der Welt einfügen wollen.

Das Heroische in Georgij Gurewitsch "Das Infra des Drachens" ruiniert beinahe seine Raumfahrterzählung, die über unser Sonnensystem hinausführt.

Eine weitere Erzählung der Gebrüder Arkadij und Boris Strugazkij handelt von Experimenten mit den menschlichen Gehirn. In "Die sechs Streichhölzer" geht es darum, dass die scheinbar wenig genutzten Teile des Gehirn durch Neutrinos angeregt werden sollen.
Es ist dies eine eher schwache Erzählung, wie auch die beiden von mir nicht erwähnten Geschichten (Inhaltsübersicht).

Die hier versammelten Science Fiction sind Unterhaltungsliteratur. Selbstironisch möchte ich mit einer Perle aus "Das Infra des Drachens" enden:
"Es ist durchaus kein Verdienst, sich mit unzeitgemäßen Probleme abzugeben."
(S. 220)

Sonntag, 6. März 2016

Schulbücher und die Realität

In der taz am wochenende thematisiert Ralf Pauli  das Problem von Schulbüchern, die nicht mehr die Realität widerspiegeln. In vielen Lehrbüchern gibt es weiterhin die Deutschen und die Anderen, auch wenn heute mehr als ein Drittel der Schülerinnen und Schüler einen sogenannten Migrationshintergrund haben.
Schulbücher sind eine Ware. Ihr Angebot basiert auf den Lehrplänen der Bundesländer und der Nachfrage durch die Schulen. Lehrpläne werden regelmäßig angepasst und wenige Jahre später finden sich diese Veränderungen in den Publikationen der Schulbuchverlage.

Doch gibt es eine Persistenz in Themen, Beispielen und Wortwahl.
In den 1990-er Jahren habe ich dies als Mitglied einer Arbeitsgruppe am Historischen Seminar  erlebt. Damals gab es einen neuen Lehrplan "Geschichte in der SEK II". Außereuropäische Geschichte war als ein Thema vorgesehen.
Unsere Gruppe erarbeitete Beispiele aus der Geschichte Mexikos, Chinas und mehrerer afrikanischer Territorien für die Schule. Selbst leitete ich die Afrika-Gruppe. Wir wollten weg von der bis dahin in den Schulbüchern gelehrten Kolonialgeschichte.
Kontakte mit Schulbuchverlagen führten zumindest zu einem Seminar am Braunschweiger Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung. Dort stellten wir den Wissenschaftlern vom Institut und anderen Universitäten unsere Zwischenergebnisse vor. Wir fanden keinen Verlag, gewannen aber einen Buchpreis der UNI Hannover für unser Projekt.
Unser 148-Seiten-Schulbuch wurde 2002 als kostenfreier Download veröffentlicht. Selbst habe ich das Kapitel "Afrika gibt es nicht" verfasst. Die vier Afrika-Beispiele sind einzeln über die Seiten des Historischen Seminars zu erreichen:
Pierre-Marie Courdouen "Zwischen zwei Kolonialreichen - Algerien im 19. Jahrhundert"
Gunnar Meyer "Transatlantischer Sklavenhandel - Das Beispiel Dahomey" (heutige Benin)
Birgit Niemeyer "Der Maji-Maji-Krieg" (heutige Tanzania)
Mark Holthoff "Mfecane" (heutige Südafrika)

Doch zurück zum taz-Artikel. Die aktuellen Schulbücher reproduzieren Stereotype. Migration wird als ein Problem für Deutschland und für die Zuwandernden dargestellt. Dieses Bild hat etwas mit den bereits erwähnten langen Vorlauf einer Publikation zu tun.
Die Gesellschaft verändert sich, Jahre später wird als Reaktion darauf im Kultusministerium eine Anpassung der Lehrpläne initiiert. Bis diese erstellt sind und die Schulbuchverlage ihre Publikationen anpassen vergehen wieder einige Jahre. Am Ende hinken Schulbücher der Realität mehr als ein Jahrzehnt hinterher.
Im Fall der Kolonialgeschichte, die sich seit den 1960-er Jahren in der Forschung über eine kritische Kolonialgeschichte zur außereuropäischen Geschichte (1980-er Jahre) entwickelte, war dieser Prozess Anfang des 21. Jahrhunderts noch nicht in den Lehrmaterialien für Schulen angekommen. Texte in Schulbüchern begannen, Kolonialgeschichte kritisch zu beleuchten und waren etwa 30 Jahre hinter der wissenschaftlichen Diskussion.

Dienstag, 1. März 2016

Hannover Wetter Februar 2016

Der Februar 2016 war ein sonniger und regenreicher Monat. Die Durchschnittstemperatur war mit 3,8° mehr als 2,5° wärmer als der langjährige Mittelwert für diesen Wintermonat in Hannover.
- Vergleiche den Bericht des Vormonats und des Folgemonats -
Dargestellt sind die täglichen Messwerte der Wetterstation Hannover-Langenhagen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), welche täglich kostenfrei im Netz zur Verfügung gestellt werden. Die tägliche höchste (rote Linie) und tiefste (hellblau) Temperatur kann über die linke Skala abgelesen werden. Für die Niederschläge (blau) und Sonnenstunden (gelb) gibt es die rechte Skala.
Der Monat fing zu warm an. Ab dem 12. Februar meldete sich der Winter zurück. In klaren Nächten wurde es noch einmal kalt. Stürmischer brachte lang anhaltenden Regen und einen steilen Temperaturanstieg. Zum Monatsende kamen sonnige Tage, doch der wolkenlose Himmel brachte auch wieder frostige Temperaturen.
Die höchste Temperatur wurde am 7. Februar mit 12,7° erreicht. Es gab keinen Eistag. Am 17. Februar sank die Temperatur auf -5,9°. Dieser war einer von 12 Frosttagen. Im langjährigen Mittel wurden 5 bis 6 Eistage und 14 bis 16 Frosttage beobachtet. Bodenfrost gab es an 19 Tagen (CLINO: 14 bis 22 Tage) und am 17. Februar sank die Bodentemperatur auf -7,7°. Der Februar 2016 war milde.

Der DWD berechnet die Tagesmitteltemperatur.
Die Tagesmitteltemperatur wird von mir im Original (rot) und als fünftägiger Durchschnittswert (grün) dargestellt. Das erste grüne Dreieck steht für den Durchschnitt der Werte 30. Januar bis 3. Februar und entsprechend das letzte Dreieck für die Werte 27. Februar bis 2. März. Nach diesen Werten dauerten die Winterepisoden vom 14.-19.2. und vom 26.2.-1.3.Der wärmste Tag war der 6. Februar mit 9,6° und der kälteste Tag der 16. mit -1,1°.

Die Tagesmitteltemperatur im Vergleich mit der langjährigen Monatsmitteltemperatur.
Der Klimanormalwert für den Februar liegt in Hannover für die Periode 1961-1990 bei 1,1°. Am 14.2. wurde die Basislinie erreicht, nachdem es zuvor sechs Tage gab, die mehr als 5° zu warm waren. Das stürmische Regenwetter brachte zwei weitere Tage, die mehr als 5° zu warm waren. Dagegen waren die Abweichungen zur frostigen Seite unbedeutend.
Die Tagesmitteltemperatur im Vergleich mit täglichen Mittelwerten.
Dargestellt sind die langjährigen Mittelwerte für jeden Tag für die Perioden 1951-1980 (rot) und 1981-2010 (grün). Der Februar ist der Wintermonat. Im langjährigen Mittel schwanken die Tagesmitteltemperaturen zwischen leichten Minusgraden und Temperaturen bis +3°. Die jährlichen Schwankungen sind extrem, doch die Monatsmitte ist in der Regel die kälteste Periode des Jahres. Der 29. Februar passt in diese langjährigen Mittelwerte nicht hinein, es sind zu wenig Messwerte und entsprechend zeigen die Durchschnittswerte eine deutliche Abweichung von den anderen Werten.
Am warmen Monatsanfang gab es vier Tage mit extremer Wärme. Am 21. Februar folgte ein weiterer deutlich zu warmer Tag. Die Winterepisoden fallen nicht weiter auf.

In den drei meteorologischen Winter-Monaten gab es 7 Tage an denen die Tagesmitteltemperatur  mehr als 5° unter dem CLINO-Monatsdurchschnitt lag. Dagegen gab es 38 Tage an denen dieser Durchschnittswert um mehr als 5° überschritten wurde.
Dies ist ein Vorgriff auf meinen Winter-Wetterbericht.

Die Übersichtsgraphik am Beginn dieses Berichts zeigte bereits, dass es an vielen Tagen Niederschlag gab. An 18 Tagen fielen insgesamt 56,9 mm oder 153% des langjährigen Mittelwerts. Dies lag vor allem an den heftigen Niederschlägen am 21. und 22. Februar.

Das im Winter warme Luft vor allem importiert wird, sollte bekannt sein. Von den sieben Tagen an denen die Höchsttemperatur 10° überschritt, war nur am 6. Februar die Sonne für längere Zeit zu sehen. An insgesamt 16 Tagen zeigte sich die Sonne für insgesamt 80,4 Stunden. Dies entspricht 121% des langjährigen Mittelwerts.

Am 2. Februar erreichte der Wind Sturmstärke 9 mit einem Maximalwert von 22,1 m/s. Hinzu kamen weitere fünf Tage (1./8./9./21./22.) an denen stürmischer Wind der Stärke 8 in Hannover registriert wurde.

Alle Messwerte stammen wie jeden Monat vom Deutschen Wetterdienstes.
Berechnungen, Abbildungen und Vergleiche stammen vom Blogautor.
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Die folgenden Symbole führen jeweils zum genannten rückblickenden Monatsbericht:
2016
2015
2014
2013

2012

2011

2010

Der Jahresbericht 2009 ist hier zu finden und hier sind die Monatsberichte 2009:

Der Jahresbericht 2008 ist hier zu finden und hier sind die Monatsberichte 2008:

Neben diesen monatlichen Berichten habe ich bisher dreimal zum Klimawandel am Beispiel von Hannover gebloggt: 2007 schaute ich auf Monatswerte der 2000-er Jahre, 2013 untersuchte ich speziell den Monat April, der langfristig immer sonniger, trockener und wärmer wird, und nochmals 2013 in langen Zeitreihen den Temperaturanstieg seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.
Es gibt außerdem noch ein Blick auf das Wetter in Hannover im Jahre 2007, speziell den Sommer 2007. Es gibt einen langen Beitrag zum sehr kalten Winter 2009-2010 mit Vergleichen zu anderen Wintern, ein Vergleich zwischen den Winter 1985/86 und 2011/12 und aktueller zum langen Winter 2012-2013.
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Siehe auch die frühsten, noch sehr einfach gehaltenen Wetter-Darstellungen: